Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich-Bedford Strom überrascht von Ostergottesdienst-Verbot
© epd-bild/Christian Ditsch
Der von Bund und Ländern beschlossene "Oster-Shutdown" überrascht die Kirchen. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich-Bedford Strom meldet nun Klärungsbedarf an.
Kirchen von "Oster-Shutdown" überrascht
Wenn es nach Bund und Ländern geht, soll es an Ostern keine religiösen Veranstaltungen geben. In den Kirchen regt sich Kritik. Es wäre das zweite Jahr in Folge, in dem Gemeinden am höchsten christlichen Fest auf Gottesdienste verzichten müssen.

Es ist ein großes Überraschungsei, das Bund und Länder den Religionsgemeinschaften zu Ostern ins Nest gelegt haben: Wenn es nach den neusten Corona-Beschlüssen geht, sollen zum Höhepunkt der Karwoche und des jüdischen Pessachfestes keine religiösen Veranstaltungen stattfinden. Darum wollen sie die Religionsgemeinschaften zumindest in Gesprächen bitten. Davon waren die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die katholische Deutsche Bischofskonferenz und der Zentralrat der Juden am Dienstagmorgen irritiert. 

Gestern noch sagte der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm am Rande der digitalen Landessynode: "Die Hygienekonzepte der Kirchen haben sich bewährt." Man sei "in guten Gesprächen" mit den Behörden. Keine 24 Stunden später entscheidet die Politik über einen "Oster-Shutdown". Der EKD-Ratsvorsitzende meldet nun Klärungsbedarf an: "Der Beschluss des Corona-Gipfels hat uns sehr überrascht, zumal davon das wichtigste Fest der Christen betroffen wäre", erklärt Bedford-Strohm auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd): "Wir werden uns in den von der Bundeskanzlerin angekündigten Gesprächen zunächst genau erläutern lassen, warum die bewährten Hygieneschutz-Maßnahmen, die alle Landeskirchen für ihre Gottesdiensten haben, nun nicht mehr ausreichen sollen. Anschließend werden wir in unseren Gremien beraten wie wir mit der Bitte umgehen."

Auch für die Katholiken kam die Kehrtwende überraschend. "Das Ergebnis hat uns ohne jede Vorwarnung durch die Nachrichten heute Morgen überrascht. Wir werden das im Laufe des Tages beraten", sagte der Sprecher der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, am Dienstagmorgen.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, aüßerte sich auf Twitter zu den jüngsten Entscheidungend der Politik.

"Wir sind überrascht worden. Ostern ist das wichtigste Fest für uns, Gottesdienste sind kein Beiwerk", sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, am Dienstag laut einem Tweet, den die Bischofskonferenz bei Twitter veröffentlichte.

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Unterdessen äußerte sich der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zuversichtlich, dass die Kirchen der Bitte nachkommen, Ostergottesdienste ausschließlich digital zu feiern. Bislang hätten die Kirchen in der Pandemie "eine sehr verantwortungsvolle Arbeit geleistet", sagte Woidke am Morgen im Deutschlandfunk.

Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat die Entscheidung der Regierungschefs von Bund und Ländern verteidigt. "Das Ziel ist, dass alles zur Ruhe kommt", sagte sie am Dienstag in einer Online-Konferenz mit dem Ältestenrat des Landtags. Daher gebe es die klare Erwartung an die Kirchen, auf Präsenzgottesdienste zu verzichten. Zeitnah werde die Landesregierung mit den beiden großen Kirchen und den Freikirchen über das Thema Ostern reden.

Dreyer: "Kirchen haben Sonderstatus"

Ob der Verzicht auf Präsenzgottesdienste wie im vergangenen Jahr angeordnet wird oder es bei einer Bitte bleibt, ließ die Ministerpräsidentin zunächst offen. "Kirchen haben einen Sonderstatus, wir können das nicht einfach vorschreiben", erklärte sie bei einer Pressekonferenz im Anschluss an die Ältestenratssitzung. Andererseits sei es nicht zu vermitteln, dass das öffentliche Leben über Ostern zur Ruhe gebracht werde, aber Versammlungen in Kirchen weiter zulässig blieben.

Auch in Baden-Württemberg stehe noch zur Frage, ob wegen der sich verschärfenden Corona-Pandemie Ostergottesdienste in Kirchen untersagt werden, so der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er wolle erst mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften sprechen, sagte Kretschmann am Dienstag bei der Regierungspressekonferenz in Stuttgart. Er gehe aber davon aus, dass man sich - wie bisher immer geschehen - einigen werde. Wenn Präsenz-Gottesdienste möglich sein sollten, dann "nur in sehr eingeschränktem Rahmen", betonte Kretschmann.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte, es bleibe beim Appell "zu vermehrt virtuellen Angeboten" wegen der steigenden Neuinfektionen. Die Möglichkeit zu Präsenz-Gottesdiensten an Sonn- und Feiertagen bleibe bestehen.

Gespräche auf Bundesebene

Das Bundesinnenministerium wolle erst noch Gespräche führen mit den bundesweit organisierten Religionsgemeinschaften, wie etwa der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK) oder dem Zentralrat der Juden in Deutschland, sagte Kretschmann weiter. Dies wäre das zweite Jahr in Folge ohne Ostergottesdienste in Kirchen: An Ostern 2020, wenige Tage nach Beginn des ersten Corona-Lockdowns, waren Gottesdienste in Deutschland qua Länder-Verordnung an den Kar- und Ostertagen verboten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte nach den Beratungen in der Nacht zu Dienstag gesagt: "Wir werden an die Religionsgemeinschaften - dabei werden Bund und Länder auf die Religionsgemeinschaften zugehen - mit der Bitte an sie herantreten, religiöse Versammlungen in dieser Zeit nur virtuell durchzuführen; ich betone 'mit der Bitte'."

Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen hatten Bund und Länder in der Nacht eine Verschärfung der geltenden Beschränkungen beschlossen. Teil des Beschlusspakets ist eine "erweiterte Ruhezeit" zu Ostern. Der Gründonnerstag (1. April) und der Karsamstag (3. April) sollen zu einmaligen Ruhetagen erklärt werden, so dass das Land vom 1. April bis zum Ostermontag am 5. April komplett herunterfährt. Wörtlich heißt es in dem Zusammenhang in dem Beschlusspapier: "Bund und Länder werden auf die Religionsgemeinschaften zugehen, mit der Bitte, religiöse Versammlungen in dieser Zeit nur virtuell durchzuführen."