Kassel (epd). In Kassel sind am Samstag rund 20.000 Menschen einem Aufruf von "Querdenkern" gefolgt, um gegen die Corona-Maßnahmen zu protestieren. Damit kamen mehr als dreimal so viele Menschen zu der Demonstration, wie es gemäß städtischer Auflagen und eines Verfahrens am Hessischen Verwaltungsgerichtshof erlaubt war. Mehrere Tausend Demonstranten hätten sich am Mittag zu einer verbotenen Kundgebung auf dem Friedrichsplatz in der Innenstadt versammelt, dabei sei es zu Zusammenstößen zwischen Einsatzkräften, "Querdenkern" und wenigen Gegendemonstranten gekommen, sagte ein Polizeisprecher.
Neben einem Wasserwerfer seien auch Schlagstöcke und Pfefferspray zum Einsatz gekommen. Es habe ein Dutzend Festnahmen überwiegend wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruchs gegeben. Verletzt worden sei nach bisherigem Kenntnisstand niemand, erklärte die Polizei am Samstagabend.
Laut Polizei kam der "allergrößte Teil" der Demonstrantinnen und Demonstranten weder Auflösungsverfügungen nach, noch hielt er Hygiene- oder Abstandsregeln ein. Größere Personengruppen hätten zudem versucht, polizeiliche Absperrungen zu durchbrechen. Dabei seien Beamtinnen und Beamte auch mit Flaschen und Regenschirmen beworfen worden.
Die Polizei verfolgte laut eigener Darstellung eine defensive Strategie. Ein konsequentes Auflösen verbotener Versammlungen hätte zu einer nicht unerheblichen Zahl an Verletzten auf allen Seiten geführt, erklärte das Polizeipräsidium Nordhessen am Samstagabend. Die Teilnehmer seien "augenscheinlich überwiegend aus dem bürgerlichen Lager" gekommen und hätten "insgesamt eher keine erkennbare Tendenz zu gewalttätigen Aktionen" gezeigt. "Einzelne gezeigte Symboliken, wie gelbe Sterne, wurden dokumentiert, Verstöße im weiteren Verlauf geprüft", hieß es.
Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) erklärte am Sonntag, Kassel sei von "von 20.000 'Querdenkern' und Trittbrettfahrern regelrecht überflutet" worden. Die "gewaltige Mobilisierungskraft" habe das Einsatzkonzept der Polizei "erheblich erschwert". "Angesichts der zahlenmäßigen Unterlegenheit der Einsatzkräfte und möglicher Folgen weiterer Eskalation war es richtig, im Verlauf des Tages auf eine Deeskalationsstrategie überzugehen", sagte Geselle.
Der Landesverband Hessen im Deutschen Journalistenverband (DJV) beklagte massive Pöbeleien der Demonstranten bis hin zu Rangeleien mit Medienvertretern. Wenn das widerrechtliche Handeln der Demonstranten schon nicht unterbunden wurde, so hätten die Sicherheitskräfte Journalisten schützen müssen, erklärte der DJV-Landesvorsitzende Knud Zilian.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte am Freitagabend entschieden, dass aufgrund der hohen Corona-Infektionszahlen die "Querdenker" nicht wie ursprünglich geplant im Staatspark Karlsaue aufmarschieren durften. Für dort waren allein 17.000 Teilnehmer angemeldet worden. Der Verwaltungsgerichtshof erlaubte lediglich 5.000 auf dem Messegelände "Schwanenwiese" und 1.000 weitere auf dem Platz der Deutschen Einheit, die dort laut Polizei weitgehend friedlich demonstrierten.
epd lmw/lob kfr