Frankfurt a.M. (epd). Düstere Prognose zwei Wochen vor Ostern: Die Vorsitzende der Ärzteorganisation Marburger Bund, Susanne Johna, erwartet eine dramatische Zuspitzung der Corona-Lage. "Ich rechne ab Ostern mit einer noch kritischeren Lage als zum Jahreswechsel", sagte sie. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich gegen weitere Lockerungen der Schutzmaßnahmen aus, und die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) mahnte ein konsequentes Schließen ab einer Inzidenz von 100 an.
Am Montag kommen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefinnen und -chefs der Bundesländer erneut zusammen, um über die Maßnahmen zu beraten. Johna warnte vor dem Treffen eindringlich vor Lockerungen. Dass in manchen Ländern bis zu einer Inzidenz von 200 gelockert werden soll, sei katastrophal, sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag).
Es müsse definitiv die Notbremse gezogen werden, da dürfe es keine Ausnahmen geben. Es sei unverantwortlich gewesen, in die dritte Welle und die Ausbreitung der Mutanten hinein zu lockern, wie es Bund und Länder am 3. März vereinbart hatten. "Dadurch droht den Kliniken nun die dritte Extremsituation binnen eines Jahres", sagte Johna.
Der bayerische Ministerpräsident Söder sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Weitere Öffnungen ergeben angesichts der erneut steigenden Infektionen keinen Sinn. Die Notbremse muss für alle gelten. Und zwar konsequent."
Dreyer warb in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" für regionale Regelungen. In Modellkommunen oder Landkreisen mit einer Inzidenz unter 100, die ein lückenloses Test- und Kontakterfassungssystem vorweisen können, sollten Außengastronomie, Kultur und Einzelhandel für Kunden mit einem tagesaktuellen Corona-Test öffnen können. Zudem will Dreyer am Stufenplan für Öffnungen festhalten, den Bund und Länder am 3. März beschlossen hatten. Bedingung sei aber das Einhalten der vereinbarten Notbremse, die ab einer Inzidenz von 100 wieder konsequentes Schließen vorsieht. Die Notbremse sei "zwingendes Element des Plans genauso wie das Testen und Impfen".
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Samstag): "Wir können über Ostern nicht in den Urlaub fahren oder im großen Stil mit der Familie zusammenkommen." Leider hätten die zusätzlichen Kontakte und die vermehrte Mobilität durch die ersten Öffnungen das Infektionsgeschehen in ganz Deutschland wieder verschärft.
Am Samstagmorgen hatte das Robert Koch-Institut (RKI) 16.033 Neuinfektionen mit dem Coronavirus binnen 24 Stunden gemeldet. Bundesweit stieg die Sieben-Tage-Inzidenz, die die Zahl der Neuansteckungen innerhalb einer Woche bezogen auf 100.000 Einwohner angibt, auf 99,9 - bei starken regionalen Unterschieden. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus erhöhte sich um 207 auf 74.565.
Kanzlerin Merkel sagte am Freitagabend in Berlin: "Wir werden leider auch von der Notbremse Gebrauch machen müssen." Sie hätte sich gewünscht, ohne das Instrument auszukommen. "Aber das wird nicht möglich sein, wenn ich mir die Entwicklung der letzten Tage anschaue", sagte Merkel.
epd lnb/kfr