Die Corona-Pandemie hat die neue Landesstellenplanung der bayerischen evangelischen Landeskirche zwar etwas verzögert - aber nicht grundsätzlich ausgebremst. Bei dieser Planung geht es vor allem darum, wie theologische, pädagogische und kirchenmusikalische Stellen in ganz Bayern verteilt werden. Bei ihrer Frühjahrstagung wird die Landessynode über dieses umfassende Personalkonzept beraten und entscheiden. Die abermals rein virtuelle Tagung startet am heutigen Sonntag mit einem Gottesdienst.
Der Personalchef der Landeskirche, Oberkirchenrat Stefan Reimers, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), "der große Zug" Landesstellenplanung werde mit seinen unterschiedlichen Waggons auf zwei parallelen Schienen fahren: "Regelung und Freiheit". Nötig seien klare Regelungen, wie die Gemeinden und Dekanate mit den realen Zahlen - etwa der Entwicklung der Mitglieder, der Personalstellen und der Finanzen - umgehen können. Die Umsetzung soll dann jedoch in größtmöglicher Freiheit geschehen, das heißt: Dekanate und Gemeinden sollen umfassende inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten haben. Sie wüssten schließlich am besten, was in ihrem regionalen Umfeld wichtig ist, welche neuen Anforderungen an die jeweilige Gemeinde vor Ort gestellt werden und wo sie deshalb - womöglich ganz neue - Schwerpunkte setzen muss.
Etwa 190 Mitarbeiter weniger
Weil die Finanzen und die Mitgliederzahl stetig zurückgehen, werden im Rahmen der Personalplanung ungefähr zehn Prozent der bisherigen Stellen abgebaut, erläuterte Reimers. Es wird in den evangelischen Gemeinden und Dekanaten in Bayern noch 1.903 theologische, theologisch-pädagogische und Stellen für Kirchenmusiker geben - das ist ein Rückgang von gut 190 Stellen gegenüber der letzten Landesstellenplanung von 2010. Für den Religionsunterricht sind 876,5 Stellen vorgesehen, ungefähr 315 Stellen für den "Landesweiten Dienst", wie Kirchenleitung und Ausbildung, dazu kommen noch Stellen in besonderen Einsätzen. Insgesamt sollen 3.182,43 von der Landeskirche finanzierte Personalstellen zur Verfügung stehen.
Bei der Einordnung dieser Zahlen betonte Reimers, dass es sich nicht um ein Sparkonzept der Kirchenleitung handelt, weil immer weniger Geld in die Kassen komme. Eine wesentliche Bezugsgröße sei die Zahl der Kirchenmitglieder - und die sei in den letzten Jahren sogar um 12,25 Prozent zurückgegangen. Der Rückgang der Mitgliederzahlen und der Abbau der Stellen verlaufe parallel, daher werde sich an der "Pastorationsdichte" - also der Relation von Gemeindepfarrern und Gemeindemitgliedern - nichts ändern: Ein Pfarrer oder eine Pfarrerin betreut im landeskirchweiten Schnitt aktuell 1.505 evangelische Christen, daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern, bekräftigte Reimers.
Abbau auf drei Jahre ausgedehnt
Mit einem Rückbau der Stellen um rund zehn Prozent gehe die Landesstellenplanung "schonend" vor, sagte der Oberkirchenrat. Der befristete Überhang von Stellen soll die Reduzierungen abfedern. Außerdem gibt es Sonderregelungen für Dekanate, die übermäßig viele Stellen abbauen müssen: Als Beispiel nennt der Personalchef das Dekanat Nürnberg, in dem wegen des dort besonders drastischen Mitgliederschwunds an sich 25 Prozent der Stellen abgebaut werden müssten. Damit dieses Dekanat arbeitsfähig bleibt, wird die Stellenreduzierung befristet auf 15 Prozent gedeckelt, was auch für ähnliche Fälle gelte.
Da der Stellenabbau auf einen Umsetzungszeitraum von drei Jahren bis zum 30. Juni 2024 gedehnt werde, können Reimers zufolge Härten vermieden werden. Nötige Kürzungen ließen sich etwa durch Wechsel in den Ruhestand oder anderweitige Fluktuationen umsetzen. Mit erzwungenen Versetzungen rechnet Reimers deshalb höchstens in wenigen Ausnahmefällen. Ein wesentlicher Baustein für die neue Landesstellenplanung sind für Reimers Fusionen und Kooperationen von Gemeinden, aber auch über die bisherigen Dekanatsgrenzen hinweg.
"Alles ist möglich, aber nichts muss"
Mehrere Gemeinden könnten gemeinsame "funktionale Sprengel" bilden, um unter anderem die Pfarramtsführung gemeinsam und effektiv zu gestalten. Das könnte Pfarrer aus ihrem Dauerspagat zwischen Verkündigung und Verwaltung befreien, sie hätten mehr Zeit und Energie für ihre Kernaufgaben in Seelsorge und Theologie. "Nicht jede Gemeinde muss Konfi-Arbeit, Hospiz, Kirchenmusik, Altenseelsorge und Jugendarbeit für sich alleine machen", sagte Reimers. Einzelne Aufgaben könnten auch schwerpunktmäßig von einer Gemeinde übernommen werden, die dafür durch räumliche Gegebenheiten oder besondere Kompetenz ihrer Mitarbeitenden besonders geeignet sei. Die Entscheidung liege aber ausschließlich bei den Dekanaten und Gemeinden. "Alles ist möglich, aber nichts muss", betonte Reimers.
Die Gemeinden und Dekanatsbezirke müssen jedoch Konzepte vorlegen, wie das kirchliche Angebot von Gottesdienst bis hin zur Jugendarbeit in ihrem Bereich in Zukunft abgedeckt werden soll. Neu ist, dass nicht mehr das Landeskirchenamt entscheidet, was dann wie umgesetzt werden soll, sondern diesen konzeptionellen Prozess fachlich begleitet. Dass es bei der Landesstellenplanung zu einem Hauen und Stechen kommt und sich die durchsetzen, die am lautesten schreien, fürchtet Reimers nicht. Denn die Planung sei nicht als Lobby-Prozess angelegt, sondern als gemeinsame Reise, wo die Kirche in einer sich verändernden Welt hin will.
Die neue Landesstellenplanung soll jedenfalls kein Zug sein, der einen Endbahnhof erreicht, an dem alle Passagiere aussteigen, weil alles geregelt und geordnet sei. In einer Gesellschaft, die sich immer schneller ändere, müsse die Bereitschaft zur Veränderung auch zu einem Prinzip für die Kirche werden, sagte Reimers.