Berlin, Rio de Janeiro (epd). Weltweit gedenken Menschen der vor drei Jahren ermordeten brasilianischen Abgeordneten Marielle Franco und ihres Einsatzes gegen Rassismus. Mehr als 50 Online-Talks und Veranstaltungen finden im Monat März in Erinnerung an die aus einem Armenviertel stammende schwarze Linkspolitikerin statt, wie das Institut Marielle Franco mitteilte. Damit soll auf die Justiz Druck ausgeübt werden, endlich den Mord an Franco und ihrem Fahrer Anderson Gomes vom 14. März 2018 im Zentrum von Rio de Janeiro aufzuklären.
In Berlin hat Amnesty International ein riesiges Wandbild zu ihrem Gedenken und stellvertretend für Menschenrechtsverteidiger in aller Welt anfertigen lassen. Franco starb mit 38 Jahren. Sie wurde über Rio hinaus zur Symbolfigur für den Kampf gegen Unterdrückung und Ausgrenzung. In ihrer Zeit als Abgeordnete im Stadtparlament hat sie sich vehement für die Rechte von Frauen und sexuellen Minderheiten eingesetzt. Sie protestierte auch gegen Polizeigewalt in den Armenvierteln. Die offen homosexuell lebende Politikerin politisierte sich früh, studierte später Soziologie und schloss sich der Linkspartei PSol an.
Die Ermittlungen zu ihrer Ermordung wurden immer wieder verzögert und sind nicht abgeschlossen. Zeugen wurden nicht befragt, Beweismaterial verschwand. Vieles deutet auf einen von Profis ausgeführten Auftragsmord hin. Die verwendete Munition stammt laut Experten aus dem Arsenal der Bundespolizei.
Im März 2019 wurden zwei Verdächtige festgenommen, die Mitglied einer paramilitärischen Miliz sein sollen, die Armenviertel kontrolliert. Einer der Verdächtigen soll die tödlichen Schüsse auf Franco und ihren Fahrer abgegeben haben. Der zweite Mann steuerte offenbar das Tatfahrzeug. Beide weisen jede Schuld von sich. Sie sollen beide Mitglieder der Miliz von Adriano Magalhaes da Nobrega sein, einem der meistgesuchten Verbrecher von Rio de Janeiro. Der frühere Militärpolizist wurde bei einem Polizeieinsatz im Februar 2020 getötet.
Pikant ist die Nähe zum heutigen rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro und seiner Familie. So besuchte der mutmaßliche Schütze laut dem Fernsehsender "O Globo" einen Komplizen, der im selben Gebäudekomplex wie Bolsonaro in Rio wohnte. Auf Facebook existierte auch ein Bild des Staatschefs mit dem zweiten Tatverdächtigen. Präsidentensohn Flávio Bolsonaro hatte während seiner Zeit als Abgeordneter von Rio die Ehefrau und die Mutter von Milizenchef Nobrega in seinem Abgeordnetenbüro beschäftigt.