Frankfurt a.M., New York (epd). Die weltweit mehr als elf Millionen Insassen von Gefängnissen sind nach UN-Angaben einem besonders hohen Corona-Risiko ausgesetzt. Schätzungen zufolge haben sich bisher bereits mehr als 527.000 Gefangene in 122 Ländern infiziert, wie der Gefängnisreform-Experte Philipp Meissner vom UN-Büro für Drogen- und Kriminalitätsbekämpfung am Dienstagabend mitteilte. Mehr als 3.800 Häftlinge in 47 Ländern seien nach einer Corona-Infektion gestorben.
Die tatsächlichen Zahlen könnten viel höher sein, da es nur begrenzte Testkapazitäten gebe, erklärte der Österreicher Meissner. Auch Wachleute, Mediziner und anderes Gefängnispersonal sei hoch gefährdet. Fast überall, auch in gut ausgestatteten Justizvollzugssystemen, sei die Corona-Pandemie eine enorme Herausforderung. Besonders schlimm ist die Situation laut Meissner aber dort, wo die Gefängnisse schon lange überfüllt, überlastet und vernachlässigt sind, zum Beispiel durch einen Mangel an Personal, Hygiene und medizinischer Versorgung.
Die Pandemie hat Meissner zufolge zu neuen Spannungen, Unsicherheiten und Angst in vielen Haftanstalten geführt. Kontaktverbote verschärften die psychischen Belastungen der inhaftierten Männer und Frauen. In etwa 50 Gefängnissen habe es bereits Revolten gegeben. Meissner forderte die staatlichen Stellen auf, die Häftlinge in die Corona-Bekämpfung einzubeziehen, Minimalstandards für Hygiene und Gesundheit in Gefängnissen zu garantieren und eine wirksame Infektionskontrolle zu errichten.
Überfüllte Gefängnisse dürfe es nicht mehr geben, und andere Formen der Bestrafung müssten stärker genutzt werden. Einige Länder hätten schon Strafen für kleinere Vergehen ausgesetzt. Insgesamt 700.000 Häftlinge weltweit wurden nach den Worten des Experten seit Beginn der Pandemie vorzeitig freigelassen. Meissner äußerte sich anlässlich einer UN-Konferenz über Verbrechensbekämpfung und Strafjustiz, die vom 7. bis 12. März in Kyoto (Japan) stattfindet.