Frankfurt a.M., Addis Abeba (epd). In Äthiopien hat sich die zweite größere Partei von den für Juni geplanten Parlamentswahlen zurückgezogen. Die Oromo-Befreiungsfront (OLF) teilte laut dem britischen Sender BBC vom Dienstag mit, sie werde zu ihrem Bedauern nicht an dem Urnengang teilnehmen. Schuld sei die Partei von Ministerpräsident Abiy Ahmed. Die Inhaftierung einiger OLF-Anführer und die Schließung ihrer Büros habe die Arbeit der Partei unterbrochen. Der demokratische Raum sei verengt.
Die OLF ist eine frühere Rebellengruppe und hat viele Anhänger in der Oromo-Bevölkerung, die die größte Ethnie des Vielvölkerstaats Äthiopien mit insgesamt 110 Millionen Einwohnern stellen. In der vergangenen Woche hatte bereits der Oromo-Föderalisten-Kongress (OFC) unter Jawar Mohammed erklärt, er sei gezwungen worden, sich von den Wahlen am 5. Juni zurückzuziehen. Die Abstimmung gilt als Prüfstein für Abiys Demokratisierungsprozess. Äthiopien war lange faktisch ein Einparteienstaat.
Ministerpräsident Abiy ist selbst Oromo. Mit seinem Amtsantritt 2018 waren Hoffnungen auf eine Öffnung des lange autoritär regierten nordostafrikanischen Landes verbunden. Vieles hat sich erfüllt, aber auf Autonomie-Bestrebungen reagierte er mit harter Hand und der Einschränkung von Grundrechten. So trug der militärische Konflikt in der Region Tigray Abiy viel Kritik ein, nachdem er 2018 auch wegen des Friedensschlusses mit dem Nachbarland Eritrea den Friedensnobelpreis bekommen hatte.