Frankfurt a.M. (epd). Nach bundesweiten Schlagzeilen über sogenannte Impfschleicher zeigt eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) bei den Bundesländern, dass solches Fehlverhalten gegen eindeutige Vorgaben verstößt. Das geht aus den Antworten von 13 Gesundheits- und Sozialministerien hervor. Überzählige Impfdosen müssen demnach fast ausnahmslos für Menschen aus der Gruppe mit der höchsten Impfpriorisierung genutzt werden. Das sind etwa Rettungsdienstmitarbeiter, Helferinnen und Helfer in den Impfzentren oder medizinisches Personal. Einzige Ausnahme bilden Polizisten im Außendienst, die der zweiten Gruppe angehören.
Alle Ministerien betonten gegenüber dem epd, dass für die Nutzung von Restdosen die Impfverordnung des Bundes gilt: Das Verimpfen von übrig gebliebenen Vakzinen ist nur innerhalb der Gruppe mit der höchsten Priorisierung erlaubt.
"Bei Restdosen wird zunächst geprüft, ob sich weitere Personen der vulnerablen Gruppe impfen lassen wollen", teilte das Gesundheitsministerium in Sachsen mit. Das könnten Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen, im betreuten Wohnen und solche sein, die von ambulanten Pflegediensten versorgt werden. Auch Krankenhäuser in der Umgebung würden angefragt, hieß es.
Grundsätzlich betonen die Ministerien, es sei oberstes Ziel der Terminplanung und -vergabe, dass alle Vakzine auch verimpft werden. Was in den allermeisten Fällen gelinge, jedoch nur, wenn immer Menschen gefunden werden, die kurzfristig einen Impftermin wahrnehmen können. Ausnahmen seien in Einzelfällen möglich, jedoch nur, "wenn Impfstoff andernfalls verworfen werden müsste".
Die Impfreihenfolge regelt eine Bundesverordnung. In der ersten Gruppe mit der höchsten Priorität sind Menschen über 80, Pflegekräfte und Beschäftigte auf Intensivstationen, in Notaufnahmen, Palliativstationen, Rettungsdiensten und Corona-Impfzentren. Ebenfalls vorrangig geimpft werden jetzt aber auch Erzieherinnen in Kitas oder Grundschullehrer aus der Gruppe 2.
Sofern kleinere Impfstoffmengen übrigbleiben, sind die Impf-Teams angehalten, diese für Menschen mit höchster Impfpriorität gemäß der Impfverordnung zu verwenden, heißt es aus dem Gesundheitsministerium in NRW. Sollte aber die Gefahr bestehen, dass die Impfstoffe weggeworfen werden müssten, dann "entscheidet die Koordinierungsstelle der Impfzentren vor Ort über die weitere Verwendung".
In Bayern nehmen die Impfzentren eine Reserveplanung vor. Auch hier gilt: Erst wenn in der höchsten Priorisierungsgruppe kurzfristig keine Menschen zur Impfung bereitstehen, können Impflinge aus den danach folgenden Gruppen ihre Spitze bekommen. "Das kann auch auf Angehörige von Polizei und Rettungsdienst zutreffen."
Auch in Schleswig-Holstein, Brandenburg und Thüringen führen die Impfzentren Listen, wer ad hoc geimpft werden kann. Das zuständige Ministerium in Schleswig-Holstein nennt etwa Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rettungsdienstes, der Vertragsarztpraxen, Dialysepraxen oder der Impfzentren selbst. Bremen geht ebenso vor. In Rheinland-Pfalz benachrichtigen bei übrig gebliebenen Dosen die Impfzentren telefonisch berechtigte Impflinge - stets nur aus der ersten Gruppe. Sachsen-Anhalt verfährt genauso. "Das Vorziehen aus anderen späteren Gruppen ist von der Impfverordnung nicht gedeckt", heißt es dort. Ausnahmeregelungen seien nicht zulässig.
"Übrige Dosen werden ausschließlich an Personen aus den aktuell berechtigten Prioritäten verimpft, etwa aus dem Rettungsdienst, eigenes, noch nicht geimpftes Impfpersonal oder Personen in benachbarten Pflegeheimen oder Kliniken", teilte das Sozialministerium in Stuttgart auf Anfrage mit. Aufbereitete Impfdosen hätten eine Haltbarkeit von bis zu sechs Stunden. "Wir gehen davon aus, dass es in dieser Zeit möglich ist, Impfberechtigte zu finden", erklärte ein Ministeriumssprecher.
Aus dem Saarland hieß es: "In diesen Fällen verimpfen wir Personal der Alten- und Pflegeeinrichtungen oder in den Impfzentren, Gesundheitspersonal sowie Personal des Rettungsdienstes."
"Es gibt keine Rückmeldung, dass Impfdosen nicht mehr verwendet werden konnten", berichtet das niedersächsische Gesundheitsministerium. Sollten keine impfwilligen Personen aus der höchstpriorisierten Gruppe bereitstehen, "dann können Impfstoffreste absteigend in den weiteren Priorisierungsgruppen verimpft werden, bevor sie verfallen".
In Hessen können die Impfzentren nach eigenem Ermessen entscheiden, welche Personen mit der höchsten Priorität geimpft werden können. Dazu zählen etwa die Mitarbeiter der Impfzentren selbst oder das örtliche Personal der Rettungsdienste. Aber: In Ausnahmesituationen liege es "im Ermessen des Impfarztes, ob andere Personen außerhalb dieser Prioritätengruppe geimpft werden".