Karlsruhe (epd). Die Verurteilung eines Pflegevaters wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material legt eine Kindeswohlgefährdung des Pflegekindes nahe. Ordnet ein Gericht trotz Warnungen des Jugendamtes die Rückführung des Kindes zu der Pflegemutter an, müssen die Richter sehr genau begründen, warum für das Kind kein Risiko besteht, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss. (AZ: 1 BvR 1780/20)
Im Streitfall ging es um ein brandenburgisches Ehepaar. 2014 nahmen es ein Kind kurz nach dessen Geburt zur Pflege auf, mit dem Ziel, dieses später zu adoptieren. Das Jugendamt blieb Amtsvormund. Während des Adoptionsverfahrens im Jahr 2018 erfuhr die Behörde, dass bei dem Pflegevater bereits im 2013 kinderpornografische Bilder und Videos sichergestellt wurden.
Der Mann war zu einer zu einer siebenmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Weder hatte er aber das Jugendamt darüber informiert, noch die Strafgerichte oder den Bewährungshelfer über die beabsichtigte Adoption. Das Jugendamt veranlasste daraufhin die Herausnahme des Kindes aus der Pflegefamilie.
Das Paar zog vor Gericht. Seine Begründung: Das Kind sei mit der Herausnahme aus der Familie erheblich psychisch belastet und lebe in einer Jugendhilfeeinrichtung. Im Laufe des Verfahrens trennte sich das Paar. Der Mann lebt jedoch in direkter Nachbarschaft und erklärte, für die Frau und das Kind einzustehen.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) ordnete trotz der Warnungen des Jugendamtes die Rückführung des Kindes zur Pflegemutter an. Die Behörde zog dagegen als Vormund des Kindes nach Karlsruhe.
Die Verfassungsrichter entschieden, dass das OLG die Warnungen des Jugendamtes mehr beachten musste. Zwar könne ein Gericht sich auch gegen die Einschätzung der Behörde entscheiden. Dann müsse es aber sehr genau begründen, warum dies aus Kindeswohlgründen erforderlich sei.
Hier sei das OLG ohne Anhörung des Kindes davon ausgegangen, dass dieses zu den Pflegeeltern zurück wolle. Ob das Paar tatsächlich getrennt sei und die Pflegemutter eine Missbrauchsgefahr des Mannes anerkennt, habe das Gericht nicht ermittelt. Auch sei kein Gutachten zu möglichen pädophilen Neigungen des Mannes eingeholt worden. Auf welcher Grundlage das OLG die Rückführungsentscheidung letztlich getroffen hat, sei nicht klar, so dass dieses nun neu über den Fall entscheiden müsse.