Aschaffenburg (epd). Seit Donnerstag muss sich ein 46-jähriger Mann aus Syrien für den gewaltsamen Tod seiner Tochter vor dem Aschaffenburger Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm den Mord an seiner zum Tatzeitpunkt 16-jährigen Tochter vor. Zudem ist er wegen versuchten Mordes an deren Freund angeklagt. Der Mann soll seine Tochter im Mai 2017 "für ihren Lebenswandel" mit dem Tod bestraft haben, um "vermeintlich seine Ehre wieder herzustellen", sagte Oberstaatsanwalt Jürgen Bundschuh zum Prozessauftakt. Das mediale Interesse an dem Verfahren ist groß.
Der Mann, der sich bislang nicht zu den Vorwürfen äußert, soll seine Tochter Mezgin am späten Vormittag des 4. Mai 2017 an der Schule abgepasst haben, um sie mit nach Hause zu nehmen. Ihr zwölfjähriger Stiefbruder saß auf dem Beifahrersitz, als Mezgin ins Auto stieg. Die drei sollen zwei Stunden umhergefahren sein, ehe der Vater den Wagen in ein Waldstück lenkte. Dort habe er seine Tochter unvermittelt geschlagen und gefesselt. Anschließend soll der Mann laut Staatsanwaltschaft seinen Sohn gezwungen haben, Mezgin zu erstechen oder dies selbst getan haben.
Mezgins Leiche soll der Vater anschließend alleine in einem anderen Waldstück in einem ungenutzten Betonschacht versteckt haben. Wenige Tage später - am 17. Mai 2017 - stand der Mann wegen gefährlicher Körperverletzung gegen seine Tochter aus dem Jahr 2016 vor Gericht und wurde zu neun Monaten Haft verurteilt. Seine Tochter galt zu diesem Zeitpunkt als vermisst. Anfang Juni 2017 schließlich versuchte er zudem, Mezgins Freund zu erstechen, der 23-Jährige konnte schwer verletzt fliehen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm deshalb versuchten Mord vor.
Die skelettierte Leiche des Mädchens war erst im Dezember 2018 gefunden worden. Ihr Vater war zu diesem Zeitpunkt flüchtig, da er die neunmonatige Haftstrafe nicht angetreten hatte. Der Mann war erst nach einer aufwendigen internationalen Fahndung in der Türkei festgenommen und im Oktober 2020 nach Deutschland ausgeliefert worden. Er ist seither in Untersuchungshaft. Bislang sind 14 Verhandlungstage bis Ende April angesetzt. Das Gericht verhandelt wegen der Corona-Pandemie in einem Saal auf Schloss Johannisburg.