Berlin (epd). Das Bundeskabinett hat am Mittwoch in Berlin den 9. Familienbericht der Bundesregierung "Eltern sein in Deutschland" gebilligt. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und dem Wandel der Arbeitswelt empfiehlt eine unabhängige Sachverständigenkommission der Politik, die wirtschaftliche Stabilisierung von Familien zu einer ihrer Hauptaufgaben zu machen, die Arbeitsteilung zwischen Müttern und Vätern zu fördern und die Vereinbarkeit mit Berufsarbeit weiter zu erleichtern.
Eine ungleiche Verteilung von Berufs- und Familienarbeit schwäche Familien wirtschaftlich, erklären die Sachverständigen. Sie empfehlen unter anderem, die Vätermonate beim Elterngeld auszuweiten, das Ehegattensplitting, das die Ein-Verdiener-Ehe bevorteilt, abzubauen und Minijobs zurückzudrängen. Die Erfahrungen mit dem Homeoffice sollten nach der Pandemie daraufhin geprüft werden, inwiefern sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern.
Gegen Armut und Benachteilung setzt die Sachverständigenkommission auf Bildung und Ganztagsangebote im Kita- und Schulalter. Analog zu den frühen Hilfen im Kleinkindalter sollten Eltern auch im Grundschulalter der Kinder durch Lehrer und Sozialarbeiter unterstützt werden, raten die Sachverständigen.
Familienformen und Elternschaft in Deutschland sind vielfältiger als früher. Die Sachverständigen empfehlen, das Recht entsprechend anzupassen, um allen Formen gerecht zu werden. Sie schauen dabei sowohl auf unverheiratete Eltern wie auf Scheidungsfamilien und Eltern, die Kinder nur mit Hilfe der Reproduktionsmedizin bekommen können.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sah sich durch den Bericht weitgehend bestätigt. Sie setze auf Partnerschaftlichkeit der Eltern und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Giffey pochte darauf, dass der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule endlich kommen müsse. Er sei zwischen Union und SPD vereinbart, doch hake es noch bei den Ländern, sagte sie. Immer mehr Eltern wollten beide arbeiten und sich beide um die Kinder kümmern.
Der 600-seitige Familienbericht ist eine Bestandsaufnahme, in der diesmal die Eltern im Mittelpunkt stehen. Die unabhängigen Sachverständigen formulieren außerdem stets Empfehlungen an die Politik. Ein Bericht über die Lage der Familien wird in jeder zweiten Legislaturperiode vorgelegt. Der 9. Familienbericht wurde von einer siebenköpfigen Sachverständigenkommission erarbeitet und umfasst den Zeitraum von Juli 2018 bis Mitte August 2020.