Hannover (epd). Mit besserer Aufklärung über die Wirkweise der Corona-Impfstoffe lässt sich nach Ansicht des hannoverschen Pharmakologen Roland Seifert die Impfbereitschaft gegen das Covid-19-Virus stärken. "In Deutschland haben wir das Problem, dass wir schon in der Schulbildung große Lücken haben, weil es kein Fach gibt wie Körpergesundheit", sagte der Direktor des Institutes für Pharmakologie an der Medizinischen Hochschule Hannover dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Seifert, der auch stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pharmakologie ist, kritisierte, dass in der Krisenkommunikation einseitig Virologen zu Wort kämen. "Ängste und Befürchtungen wirklich gut zu adressieren, ist nicht immer deren Stärke", sagte der Autor des im April erscheinenden Buches "Medikamente leicht erklärt", das sich unter anderem dem Impfen widmet. Er habe im privaten Umfeld erfahren, dass es mit den richtigen Erläuterungen schnell möglich sei, Ängste abzubauen.
Dazu zähle etwa die Befürchtung, dass die Impfstoffe zu Gen-Veränderungen führten, erläuterte er. Die RNA aus dem Impfstoff könne aber nicht in die menschliche DNA gelangen, das lasse sich mit einem einfachen Schaubild vermitteln. "Es ist ein großes Problem, dass Ängste nicht ernst genug genommen wurden", sagte Seifert. "Es gibt nun mal Ausbildungsdefizite, und wir müssen noch ein bisschen Biologie-Unterricht nachholen."
Im Impfen sieht der Wissenschaftler das wichtigste Werkzeug, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Die anderen Arzneistoffe zur Behandlung schwerer Covid-Fälle seien noch nicht so ausgereift, dass man sie flächendeckend einsetzen könne, erläuterte er. Es fehle noch der perfekte Schlüssel, um das Schloss Sars-CoV-2 zu knacken. Er sei jedoch hoffnungsvoll. So sei auch Hepatitis C früher eine tödliche Erkrankung gewesen. Inzwischen lasse sie sich aber mit Medikamenten gut behandeln. "Auch für Sars-CoV-2 wird man Medikamente finden, aber das geht nicht so schnell."
Seifert hält es angesichts des Impfstoffmangels auch für vertretbar, dass inzwischen in manchen Bundesländern aus einer Ampulle des Vakzins von Biontech/Pfizer bis zu sieben statt ursprünglich fünf Impfdosen gezogen werden können. "Bei Impfstoffen ist eine klare Dosis-Abhängigkeit wie sonst in der Pharmakologie nicht gegeben", erläuterte er. Es reiche aus, wenn der Körper ein oder zwei Moleküle der Antigene des Virus habe, dann zeige der menschliche Organismus die gleiche Immunreaktion wie bei zehn Molekülen. "Es ist also bei einem Impfstoff vertretbar, eine kleine Dosis-Reduktion zu machen."