Osnabrück (epd). Die Politik kümmert sich nach Ansicht des Deutschen Kinderschutzbundes zu wenig darum, die durch den Lockdown beeinträchtigten Kinder und Jugendlichen zu unterstützen. Das gesamte deutsche Bildungssystem habe sich nicht ausreichend auf den Herbst vorbereitet, sagte Präsident Heinz Hilgers der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag). "Das ist ein trauriges Ergebnis, und diese Versäumnisse sind nicht mehr aufzuholen." Versäumnisse gebe es auch bei der Gewaltprävention und der psychologischen Betreuung.
Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Dunkelziffer von Gewalttaten gegen Kinder ganz erheblich gestiegen sei. Die Kinder würden einfach nicht mehr gesehen, sagte Hilgers. "Sie verschwinden buchstäblich im Dunkeln."
Er sei zwar zuversichtlich, dass die meisten Kinder die Krise gut überstehen würden und Defizite aufholen könnten. Aber es werde eine Gruppe von Kindern geben, die auch psychisch nachhaltig unter den Beeinträchtigungen leiden werde, betonte der Präsident des Kinderschutzbundes: "Wir werden im nächsten Jahr große Defizite bei der psychologischen Betreuung von Kindern haben. Da wird erheblicher Nachholbedarf bestehen, und wieder erkenne ich nicht, dass sich darauf vorbereitet wird."
Im Bildungsbereich seien besonders Kinder betroffen, die in Armut lebten, Kinder, die von ihren Eltern keine Hilfe erwarten könnten, sowie Kinder, die normalerweise Förderschulen besuchten. "Diese Kinder verlieren ein komplettes Jahr", beklagte Hilgers. Es sei außerdem zu befürchten, dass mehr Jugendliche entweder gar keinen Schulabschluss schafften oder dass die erworbenen Schulabschlüsse nicht die Qualität haben werden, die die Wirtschaft fordere. "Eigentlich müsste jetzt genau für diese Probleme ein Maßnahmenpaket entwickelt werden. Aber es sind nicht mal Ansätze einer perspektivischen Planung zu erkennen."