Schuldnerberatungen sind in der Corona-Krise stark gefragt

Frankfurt a.M. (epd). Viele Schuldnerberatungen verzeichnen in der Corona-Krise eine steigende Nachfrage. Das geht aus einer bundesweiten Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den Schuldnerberatungen in großen Städten hervor. Die Verbraucherzentrale Hamburg registrierte demnach 2020 mit 1.739 telefonischen Beratungen fast doppelt so viele wie im Jahr zuvor (928). Im Januar 2021 berieten die Schuldenberater bereits 193 Ratsuchende. Eine ähnliche Entwicklung verzeichnet das Evangelische Hilfswerk in München: Die Schuldner- und Insolvenzberatung zählte dort 1.080 Ratsuchende im Jahr 2019 und 1.412 Anfragen im Jahr 2020 - eine Steigerung von 30 Prozent.

Bei den Schuldnerberatungen in Nordrhein-Westfalen müssen Ratsuchende teilweise mehrere Monate auf einen Termin warten. Vor allem im Ruhrgebiet, in Düsseldorf und Münster gebe es lange Wartelisten, teilte die Verbraucherzentrale NRW mit. Laut Caritas NRW sind Arbeitslosigkeit, Krankheit und Trennung weiterhin die Hauptverursacher der Überschuldung. "Corona wirkt hier wie ein Brandbeschleuniger", erklärte Caritas-Sprecher Markus Lahrmann. "Probleme, die vorher da waren, verschärfen sich."

In Berlin kommt eine ganz neue Klientel, sagte Marco Rauter vom Vorstand der Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner- und Insolvenzberatung: "Viele Verbraucherinnen und Verbraucher, die bislang keine finanziellen Probleme hatten, geraten nun infolge der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie plötzlich in finanzielle Schieflage, weil sie seit Monaten in Kurzarbeit sind oder arbeitslos werden." Eine weitere Personengruppe seien Soloselbstständige, die aufgrund der Pandemie ihr Gewerbe aufgeben mussten.

Im wohlhabenden Südwesten sieht es ähnlich aus: Bei der größten Schuldnerberatungsstelle in Baden-Württemberg, der ökumenischen Zentralen Schuldnerberatungsstelle ZBS in Stuttgart, kommen die meisten Anfragen den Angaben zufolge von Kurzarbeitern, Arbeitslosen und Kleingewerbetreibenden.

Die Schuldner- und Insolvenzberatungen der Caritas und der AWO in Dresden rechnen in diesem Jahr mit einem Anstieg von Anfragen. Schon im Januar habe es deutlich mehr Anrufe gegeben. "Das Telefon klingelt jetzt ständig", sagte der Leiter der AWO-Schuldnerberatung in Dresden, Jens Heinrich.