Nachhaltigkeitsexpertin: Corona-Krise bewirkt keinen Konsumwandel
11.02.2021
epd
epd-Gespräch: Urs Mundt

Hannover (epd). Die Nachhaltigkeitsforscherin Silke Kleinhückelkotten glaubt nicht, dass die Corona-Krise nachhaltigeren Konsum entscheidend begünstigt. "Auch wenn die Krise das ökologische und soziale Bewusstsein schärft, gehe ich davon aus, dass wir danach einen nachholenden Konsum erleben werden", sagte die stellvertretende Geschäftsführerin des ECOLOG-Instituts für sozial-ökologische Forschung und Bildung in Hannover dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Zwar spreche sich eine wachsende Zahl von Menschen für umweltfreundlicheres und faireres Wirtschaften aus. Zu einer dauerhaften Veränderung von Lebensstilen könne es aber nur kommen, wenn sich die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen änderten, erläuterte sie. Die Aussichten für einen derartigen Wandel hält Kleinhückelkotten für gering: "Die Wirtschaft in ihrer gegenwärtigen Form lebt vom Konsum. Er ist in unserer Gesellschaft gewissermaßen die Pflicht von Bürgerinnen und Bürgern", sagte sie. Dies dürfte sich nach der Krise noch verstärken, wenn gelte, ihre wirtschaftlichen Folgen zu begrenzen.

Immerhin biete die Krise viele Gelegenheiten, das eigene Konsumverhalten in puncto Nachhaltigkeit zu überdenken. Dazu gehöre etwa die Erfahrung, dass Urlaub in Deutschland ebenso erholsam sein kann wie eine Fernreise, sagte die Forscherin. Auch habe in der Krise die Bereitschaft zu ethischem Konsum zugenommen, wie etwa die aktuelle Trendstudie der Otto Group zeige.

Damit sich nachhaltige Konsumangebote dauerhaft und in nennenswertem Umfang etablierten, müssten diese preislich konkurrenzfähig und ebenso leicht auffindbar sein wie konventionelle Waren und Dienstleistungen: "Nur wenn attraktive Angebote gemacht werden, wird es außerhalb der Nische Lebens- und Konsumstiländerungen geben", unterstrich die promovierte Kulturwissenschaftlerin. Zudem forderte sie eine nachvollziehbarere Kennzeichnung nachhaltiger Angebote durch unabhängige Siegel: "Oftmals wird die behauptete Nachhaltigkeit eines Produkts nur durch ein fragwürdige Unternehmenslabel angezeigt."

Hier sei der Staat gefordert. Er müsse klare Vorgaben für Mindestanforderungen und die Überprüfung ihrer Einhaltung machen. Noch besser sei es, wenn sich die Verbraucher bei allen Produkten, die auf den Markt kommen, sicher sein könnten, dass sie unter umwelt- und sozialverträglichen Bedingungen hergestellt wurden.