Berlin (epd). Nach anderthalbjähriger Bauzeit ist am Mittwoch das neue "Zentrum am Zoo" (ZaZ) der Berliner Stadtmission mit einer Online-Feier eröffnet worden. Das 500 Quadratmeter große "Zentrum" in den Räumen einer früheren Polizeistation in den Katakomben des Bahnhofs Zoo soll eine Ergänzung zur benachbarten Bahnhofsmission sein.
Im ZaZ erhalten Obdachlose und von Armut Betroffene sozialpsychologische Beratung. Zudem wird es Bildungs- und Informationsangebote über Wohnungslosigkeit und Armut beispielsweise für Schulklassen, Firmen, Vereine und Behörden geben. In dem "Zentrum" sollen sich die verschiedenen Lebenswelten mischen und "Begegnungen auf Augenhöhe" stattfinden, wie Koordinator Wolfgang Nebel sagte. Auch Konzerte, Lesungen und Filmvorführungen sind geplant, um Obdachlosen und "stadtarmen Menschen" den Zugang zu Kultur zu ermöglichen. Unter anderem sei man mit der Berlinale im Gespräch.
In einer Videobotschaft sprach Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) von einem "ganz starken Signal". Die Corona-Pandemie habe Menschen ohne Obdach noch schwerer getroffen. Die neue Anlauf- und Beratungsstelle zeige, dass Menschen in Not auch in schwierigen Zeiten in Berlin nicht alleingelassen werden, sagte Müller: "Ein großes Dankeschön allen, die sich in unserer Stadt mit großem persönlichen Einsatz dafür engagieren und besonders den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtmission. Sie alle leisten jeden Tag Großes."
Die Deutsche Bahn stellt die Räume für 25 Jahre kostenlos zur Verfügung und übernimmt auch die Betriebskosten. Die Baukosten von rund 2,4 Millionen Euro wurden unter anderem von der DB Station und Service, vom Berliner Senat und der Deutschen Klassenlotterie gefördert.
Bahnchef Richard Lutz erinnerte in einem Grußwort an den Ideengeber, den ehemaligen Leiter der Bahnhofsmission am Zoo, Dieter Puhl. Puhl habe ihm vor etwa sechs Jahren erklärt, was man mit einem "Zentrum" an dem Ort alles bewirken könne. "Es war eine ziemlich verrückte Idee, lohnte sich aber dranzubleiben", sagte Lutz. Jetzt sei das "Zentrum" verwirklicht und ein Ort für Anstoß und Perspektivwechsel und das neue Herzstück für Halt, Hilfe und Hoffnung in Berlin, sagte der Bahnchef.
Stadtmissions-Direktor Christian Ceconi betonte, ohne die vielen Unterstützer aus Politik und Gesellschaft hätte die Stadtmission dieses Projekt gar nicht schaffen können. "Sie haben uns den Weg dazu bereitet", sagte Ceconi. Der Löwenanteil der Mittel sei von der öffentlichen Hand gekommen. Ceconi sagte weiter, "hier sind wir uns sicher, dass wir Obdachlosigkeit überwinden können".
Die erste Anschubfinanzierung für das Projekt kam 2016 vom damaligen Bundesaußenminister und heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier und seiner Ehefrau Elke Büdenbender. Büdenbender hat auch die Schirmherrschaft für den Bildungsbereich des neuen "Zentrums" übernommen. Die Idee einer Lernwelt über Obdachlosigkeit und Armut sei wichtig und richtig, um Vorurteile abzubauen, sagte sie in einer Videobotschaft: "So wächst Respekt füreinander und ein Bewusstsein dafür, dass das Leben nicht immer planbar ist."