Kassel (epd). Der Präsident des Bundessozialgerichts (BSG), Rainer Schlegel, wünscht sich vom Bund mehr Transparenz bei den coronabedingten Beschränkungen für die Bürger. "Ich verstehe nicht, warum die Bundesregierung viele Entscheidungen im Wege der Verordnung macht. Aus Gründen der ausreichenden Absicherung würde ich ein formelles Gesetz für richtig halten", sagte Schlegel am Dienstag in Kassel.
In diesem Fall würden die Maßnahmen nicht allein von der Bundesregierung beschlossen, sondern auch im Bundestag diskutiert und verabschiedet, erklärte der BSG-Präsident bei der digitalen Jahrespressekonferenz des obersten Sozialgerichts. Dann gäbe es auch nicht den Vorwurf, dass die Beschränkungen der Bevölkerung nur im Hinterzimmer beschlossen werden. Die Gesetze müssten den roten Faden vorgegeben, während Verordnungen lediglich die Details regeln sollten.
Insgesamt stellte der BSG-Präsident der Bundesregierung aber ein gutes Zeugnis bei der Bewältigung der Corona-Pandemie aus. Diese sei ein "Stresstest für den Sozialstaat", den dieser gut bestanden habe. Dank der Schuldenbremse sei es dem Staat nun möglich, verschiedene Rettungssysteme aufzuspannen, etwa das Kurzarbeitergeld. Dennoch seien immer noch viele Menschen vor den wirtschaftlichen Pandemiefolgen nicht ausreichend geschützt. Dazu zählten etwa geringfügig Beschäftigte, die weder Kurzarbeitergeld noch Arbeitslosengeld I beanspruchen könnten.
Die Zahl der Verfahren sei beim BSG auch in Coronazeiten nicht gesunken, fügte Schlegel hinzu. Sie liege mit 2.903 Verfahren im Jahr 2020, davon 324 Revisionen, auf Vorjahresniveau. Allerdings geht Schlegel davon aus, dass die Corona-Pandemie künftig in vielen sozialrechtlichen Verfahren Thema sein werde. "Irgendwann kommt es zur Endabrechnung", sagte der Gerichtspräsident. So sei etwa mit Klagen um Rückforderungen für zu viel erhaltenes Kurzarbeitergeld zu rechnen.