Frankfurt a.M. (epd). Vor der Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht sich der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) für eine Verlängerung des Lockdowns aus. "Wenn wir jetzt zu schnell wieder alles öffnen, sind wir sofort wieder bei einer Inzidenz über 100, über 150 und beginnen alles von vorn, und das wäre unzumutbar", sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz am Dienstag im Deutschlandfunk. Die Virus-Varianten hätten die Situation noch einmal verschärft. "Viele von uns sagen: Jetzt sehr besonnen bleiben und möglichst auch deutlich unter die 50 kommen wegen der Virus-Varianten."
Am Mittwoch kommen die Ministerpräsidenten erneut mit Merkel zusammen, um über weitere Coronamaßnahmen ab dem 15. Februar zu beraten. Zu diesem Termin sollen der Runde auch erstmals belastbare Daten über die Verbreitung der Virusmutationen in Deutschland vorliegen. Die gegenwärtigen Regelungen, darunter die weitgehende Schließung von Schulen und Kindertagesstätten, sind bis Sonntag befristet. Auch der Handel, der Dienstleistungssektor, Sport-, Freizeit- und Kultureinrichtungen sind bis auf wenige Ausnahmen seit Mitte Dezember geschlossen.
Auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ist für eine Verlängerung der Maßnahmen: "Ich gehe davon aus, dass wir uns am Mittwoch in einer Schlüsselfrage einig sein werden: Wir kommen nicht umhin, den Lockdown noch einmal zu verlängern. Das ist angesichts des immer noch hohen Infektionsgeschehens und der Mutationen zwingend", sagte Weil der in Düsseldorf erscheinenden "Wirtschaftswoche". Man brauche zudem ein gemeinsames Konzept für Lockerungen: "An den Lockerungswettbewerb im vergangenen Jahr habe ich sehr unschöne Erinnerungen - eine Wiederholung wäre überaus schädlich."
Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) plädierten für eine Lockdown-Verlängerung. "Öffnungsschritte darf es erst geben, wenn der Einfluss der Mutationen auf das Infektionsgeschehen beurteilt werden kann", sagte Tschentscher dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Dienstag). Das sei derzeit noch nicht möglich. Hans sagte der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag): "Es ist noch zu früh, um den Lockdown zu beenden. Man müsse dringend noch weiter runter mit den Neuinfektionen, um auch gegen die gefährlichen Virus-Mutanten gewappnet zu sein."
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts vom Dienstagmorgen haben die Gesundheitsämter für die zurückliegenden 24 Stunden 3.379 neue Corona-Infektionen gemeldet, 2.735 weniger als vor einer Woche. Die Zahl der Menschen, die im Zusammenhang mit dem Virus gestorben sind, stieg um 481 auf 62.156.
Die Sieben-Tage-Inzidenz, die angibt, wie viele Menschen sich binnen einer Woche pro 100.000 Einwohner mit dem Virus angesteckt haben, liegt bundesweit bei 72,8 - bei starken regionalen Schwankungen. Eine Inzidenz von unter 50 wird angestrebt, um Infektionsketten nachverfolgen zu können. Ob unter diesem Wert mehr Kontakte zwischen den Menschen und Lockerungen im öffentlichen Leben ermöglicht werden sollen, ist insbesondere angesichts der besonders ansteckenden Virusmutationen jedoch strittig.