Debatte über Öffnung von Schulen und Kitas
Es mehren sich die Stimmen dafür, dass Kitas und Schulen vor anderen Bereichen zu einem wenn auch eingeschränkten Betrieb zurückkehren können. Zugleich werden verbindliche Pläne gefordert.

Frankfurt a.M. (epd). Über eine Öffnung von Schulen und Kitas ab Mitte Februar ist eine heftige Debatte entbrannt. SPD-Politikerinnen und Politiker, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kinderschützer setzen sich für eine zumindest stufenweise Öffnung ein, noch vor Lockerungen der Corona-Maßnahmen in anderen Sektoren. Lehrerverbände fordern einen einheitlichen Stufenplan, während Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) eine Rückkehr in den Präsenzunterricht nur in Regionen mit geringen Infektionszahlen befürwortet.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) äußerte sich besorgt über die derzeitige Lage von Kindern und Jugendlichen. Sie trügen "die größte Last der Pandemie", sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). Deshalb plädiere sie dafür, die Schulen stufenweise zu öffnen, bevor die Einschränkungen in anderen Bereichen gelockert würden: "Wir sehen zunehmend körperliche und seelische Belastungen und Ängste."

Die aktuellen Maßnahmen zu Pandemiebekämpfung gelten bis zum 14. Februar. Am Mittwoch beraten die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über das weitere Vorgehen. In einer Umfrage der "Bild am Sonntag" sprachen sich 78 Prozent der Befragten dafür aus, dass die Schulen ab dem 15. Februar geöffnet werden.

Bundespräsident Steinmeier sprach sich dafür aus, bei einer Lockerung Kitas und Schulen als erstes zu öffnen. Er halte den "Zugang zu Kitas und Schulen für besonders bedeutsam", sagte Steinmeier der "Rheinischen Post" (Samstag). Zugleich unterstrich er die Notwendigkeit einer Öffnungsstrategie: "Die Grundrechte einzuschränken ist keine Kleinigkeit, und ihre Ausübung wiederherzustellen ist die Pflicht der Politik, sobald die Infektionslage das zulässt."

Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, forderte, die Bedürfnisse von Kindern stärker zu berücksichtigen. "Wenn es um Lockerungen geht, müssen die Kinder zuerst dran sein", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). "Bisher kann nicht davon ausgegangen werden, dass Kinder die Hauptinfektionstreiber sind, daher müssen die Schulen und Kitas umgehend wieder öffnen, wenn die Pandemielage es zulässt."

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach verwies auf die Folgen des Bewegungsmangels von Kindern und Jugendlichen, weil Schul- und Vereinssport entfalle. "Die motorischen Defizite, die sich gerade aufbauen, weil sich Kinder zu wenig bewegen und zum Teil auch zu schwer geworden sind, sind nicht unerheblich", sagte er der "FAS". "Diese Generation Kinder wird langfristig Schäden davontragen."

Lehrerverbände und Gewerkschaften forderten einen einheitlichen Stufenplan mit verbindlichen Kriterien für Schulöffnungen. "Mit diesem hätten Länder, Kreise und Städte dann mit Blick auf das Infektionsgeschehen vor Ort die Möglichkeit, flexibel zu agieren", sagte die Chefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Sonntag). "Das föderale Durcheinander muss endlich beendet werden." Zugleich warb sie für das Modell des Wechselunterrichts.

Bildungsministerin Karliczek sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online/Montag): "Eine flächendeckende Rückkehr zu einem mehr oder weniger kompletten Präsenzunterricht in allen Schulen dürfte momentan wegen der allgemeinen Infektionslage vermutlich noch verfrüht sein." Vielleicht könne aber "mit großer Vorsicht ein erster Schritt gegangen werden".

Der CSU-Landesgruppenvorsitzende im Bundestag, Alexander Dobrindt, sieht dagegen bei einer Diskussion über Lockerungen des Pandemie-Maßnahmen nicht zwingend die Schulen an erster Stelle. Er könne sich eher eine Lockerung bei körpernahen Dienstleistungen vorstellen, sagte er dem "Münchner Merkur" (Samstag).

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