Frankfurt a.M. (epd). Politiker und Kinderschutzexperten haben eine baldige Öffnung von Kindertagesstätten und Schulen angemahnt. Die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Britta Ernst (SPD) sagte, gerade mit Blick auf die Grundschulen sehe sie die lange Schließung als sehr problematisch für die Kinder an. "Wir wünschen uns Lockerungen für den Schulbetrieb", sagte die brandenburgische Bildungsministerin im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks. Für die Kultusministerinnen und -minister der Länder sei wichtig, die Folgen des Lockdowns für die Kinder und Jugendlichen nicht aus dem Blick zu verlieren. "Insbesondere für die kleineren Kinder machen wir uns schon Sorgen."
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach sich dafür aus, bei einer Lockerung der derzeitigen Corona-Schutzmaßnahmen Kitas und Schulen als erstes zu öffnen. Er halte den "Zugang zu Kitas und Schulen für besonders bedeutsam", sagte Steinmeier der "Rheinischen Post" (Samstag) in Düsseldorf. Zugleich unterstrich er die Notwendigkeit, dass sich die Politik auch über eine Öffnungsstrategie Gedanken mache: "Die Grundrechte einzuschränken ist keine Kleinigkeit, und ihre Ausübung wiederherzustellen ist die Pflicht der Politik, sobald die Infektionslage das zulässt."
Die aktuelle Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie dauern bis Mitte Februar. Am kommenden Mittwoch beraten die Regierungschefs von Bund und Ländern über das weitere Vorgehen.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach schlug eine teilweise Öffnung von Kindertagesstätten und Grundschulen ab Mitte Februar vor. Kita- und Grundschulkindern seien bestimmte Beschränkungen längerfristig kaum zuzumuten, sagte Lauterbach den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Samstag). "Daher sollte man erwägen, in der Grundschule zum Wechselunterricht überzugehen". Zum Schutz von Lehrern, Kindern und Eltern schlug Lauterbach Corona-Antigentests in den Schulklassen vor. Zudem sollten Grundschullehrer geimpft werden. Sollte die Zahl der Neuinfektionen durch diese Schul-Öffnung konstant bleiben oder steigen, müsse der Lockdown wieder verschärft werden. "Dann müsste man sich aber konzentrieren auf Maßnahmen außerhalb der Schule, insbesondere weitere private Kontaktbeschränkungen und stärker verbindliche Regelungen in den Betrieben."
Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, forderte, die Bedürfnisse von Kindern stärker zu berücksichtigen. "Wenn es um Lockerungen geht, müssen die Kinder zuerst dran sein. Bisher kann nicht davon ausgegangen werden, dass Kinder die Hauptinfektionstreiber sind, daher müssen die Schulen und Kitas umgehend wieder öffnen, wenn die Pandemielage es zulässt", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). Aus seiner Sicht werde bislang nicht ausreichend zwischen Gesundheitsschutz und Gefahren durch den Lockdown abgewogen. Die Pandemie sei "schlimm für Kinder, weil sie in ihrem Bewegungsfreiraum eingeschränkt sind, weil Ungleichheiten sich verstärken und weil es einfach eine Dauer-Stress-Situation ist", sagte der Kinderhilfswerk-Präsident.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hatte am Freitag für eine schrittweise Lockerung bei Kitas und Schulen plädiert, sollte die Pandemie sich weiter so entwickeln wie in jüngster Zeit. Man müsse den Eltern eine Perspektive geben und auch die Situation der Kinder und Jugendlichen einbeziehen, sagte Giffey am Freitag im Inforadio des RBB. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Hoffnungen auf baldige umfassende Lockerung der Einschränkungen gedämpft. Sobald gelockert werde, seien aber zuerst Kitas und Schulen dran.
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