Den Haag (epd). Eine Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs, auch für Verbrechen in den von Israel besetzten Gebieten zuständig zu sein, sorgt international für heftige Debatten. Die Palästinensische Autonomiebehörde erklärte am Freitagabend, die Entscheidung öffne eine Tür für die strafrechtliche Verfolgung schwerer Verbrechen, die seit langem gegen das palästinensische Volk begangen würden. Bislang hatte das Gericht in Den Haag lediglich in den Palästinensischen Autonomiegebieten mit Vorermittlungen begonnen. Israel und die USA lehnen hingegen eine Zuständigkeit des Strafgerichtshofs ab. Bei den Vorermittlungen hatten die Experten Hinweise auf Kriegsverbrechen gefunden.
Der israelische Außenminister Gabi Ashkenazi erklärte, die Entscheidung verdrehe das Völkerrecht und mache den Strafgerichts zum Handwerkszeug von israelfeindlicher Propaganda. Die US-Regierung forderte, die Zuständigkeit des Strafgerichtshofs solle auf Länder beschränkt bleiben, die sich ihm angeschlossen haben oder vom UN-Sicherheitsrat für Ermittlungen nach Den Haag überwiesen wurden.
Nach ihrem Beitritt zum Strafgerichtshof hatte Palästina 2018 die Anklagebehörde mit Ermittlungen beauftragt. Vor der Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens hatte Chefanklägerin Fatou Bensouda jedoch um eine richterliche Entscheidung über die geografische Zuständigkeit gebeten. Der Strafgerichtshof entschied am Freitag, dass die seit 1967 von Israel besetzten Palästinensergebiete, also das Westjordanland, der Gazastreifen und Ost-Jerusalem, unter seine Gerichtsbarkeit fallen. Die Richter beriefen sich dabei unter anderem auf Resolutionen der UN-Vollversammlung, die das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser in ähnlichen Worten bestätigten.
Der Strafgerichtshof kann Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen auf dem Gebiet der 123 Mitgliedsstaaten untersuchen und dabei auch gegen Personen anderer Staaten vorgehen, die dort Verbrechen begangen haben. Die Entscheidung vom Freitag ermöglicht der Anklagebehörde unter anderem, Kriegsverbrechen israelischer Staatsbürger in den besetzten Gebieten zu verfolgen, obwohl Israel kein Mitgliedsstaat ist.