Experten fordern mehr Einsatz für Diversität auf dem Arbeitsmarkt

Berlin (epd). Trotz vieler Fortschritte bei der Integration haben es Menschen aus zugewanderten Familien auf dem deutschen Arbeitsmarkt nach wie vor schwerer als andere. Der Migrationsexperte der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Thomas Liebig, sagte am Mittwoch bei einer Online-Diskussion des OECD Berlin Centre, den stärksten Nachholbedarf gebe es im öffentlichen Dienst. Einer im Dezember veröffentlichten Erhebung zufolge sind Menschen mit ausländischen Wurzeln in den Bundesbehörden deutlich unterrepräsentiert. Demnach haben lediglich zwölf Prozent der Beschäftigten einen solchen Hintergrund, während der Anteil in der Gesamtbevölkerung bei über 25 Prozent liegt.

An der Diskussion "Von Anti-Diskriminierung zu mehr Diversität im Arbeitsmarkt - Wo steht Deutschland im Wahljahr 2021?" nahm auch der Professor für Moderne Türkeistudien und Integrationsforschung an der Universität Duisburg-Essen, Hac?-Halil Uslucan, teil. Er brachte das Integrationsparadoxon ins Spiel, wonach sich die Kinder und Enkel zugewanderter Menschen stärker diskriminiert fühlen als ihre Eltern. Denn sie empfänden sich eigentlich zur Gesellschaft zugehörig, würden aber aufgrund ihrer Geschichte benachteiligt. Der 13-Jährige Mehmet messe sich eben nicht mit Mehmet in der Türkei, sondern mit Sebastian in Deutschland, betonte er.

Dies führe dazu, dass die zweite Generation rebelliere, wenn sie die Erfahrung mache, nicht dazu zu gehören. Uslucan forderte unter anderem, dass Medien in ihrer Berichterstattung sensibler sein müssten, damit sie Zugewanderte und ihre Nachkommen nicht zu Fremden machten. Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sieht sich rund ein Sechstel der jungen Erwachsenen mit eingewanderten Eltern in Deutschland aufgrund von Ethnizität, Kultur oder Hautfarbe diskriminiert und benachteiligt.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Karamba Diaby sprach sich für mehr Diversitätstrainings in Unternehmen und Behörden aus. Die CDU-Politikerin und Staatssekretärin für Integration des Landes Nordrhein-Westfalen Serap Güler warb für eine direkte Ansprache. So habe die NRW-Polizei mit Plakaten in türkischer und arabischer Sprache um Nachwuchs geworben: Vor allem um die Eltern anzusprechen, deren Einfluss bei der Berufswahl oft hoch sei.