Nach der Ermordung eines Afrikaners kommt der Wirtschaftsanwalt einem Betrug in großem Stil auf die Spur, in den diverse einflussreiche Schweizer Geschäftsleute und Politiker verwickelt sind, die ihre miesen Machenschafen auch noch mit dem Deckmantel der Humanität kaschieren. Das kann er zunächst natürlich noch nicht ahnen, als er seine treue Seele, den Taxifahrer Bürki (Andrea Zogg), etwas unfreiwillig zum Auto eines Kollegen begleitet: Jürg Zollinger (Tim Kalkhof) hat einen toten Fahrgast, und weil der junge Mann für seinen Jähzorn bekannt ist, steht er nun unter Mordverdacht, obwohl er beteuert, es habe ein zweiter Mann sei an einer Ampel ausgestiegen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Weil Bürki für Jürgs Unschuld bürgt, nimmt sich Borchert der Sache an. Er findet raus, dass der Tote, Nuka Balouba, aus der Republik Kongo stammt und ein internationales Renommee als investigativer Journalist genießt, weil er die Weltöffentlichkeit unter anderem auf das Schicksal der Kinderarbeiter in den Kobaltminen aufmerksam gemacht hat; gut möglich, dass er sterben musste, er weil mächtigen Gegenspielern zu neugierig geworden ist. Borcherts Ermittlungen führen ihn unter anderem zu einer Referentin (Sarah Bauerett) ins Außenministerium, die die Schweizer Hilfsprojekte für Afrika koordiniert, sowie zu der Wohltätigkeitsorganisation "Unser Herz für Afrika". Deren Gründer (Sebastian Rudolph) genießt wegen seines Engagements auch gegen die Kinderarbeit im Kongo hohes Ansehen und animiert die Zürcher Honoratioren regelmäßig zu großzügigen Spenden.
Das Drehbuch zum insgesamt elften "Zürich-Krimi" stammt von Leo P. ARD (alias Jürgen Pomorin), der seit vielen Jahren regelmäßig für Krimireihen und -serien wie "Ein starkes Team", "Marie Brand" oder "Der Staatsanwalt" schreibt. Das setzt unter anderem eine gute Anpassungsfähigkeit voraus, denn der Formatcharakter solcher Reihen bezieht sich ja nicht nur auf die Hauptfiguren, selbst wenn die jeweilige Atmosphäre vor allem eine Frage der Umsetzung ist. Die Inszenierung von "Borchert und der Mord im Taxi" hat wieder Roland Suso Richter besorgt, für die Bildgestaltung war diesmal wie schon bei Richters früheren "Zürich-Krimis" Max Knauer zuständig. Selbst wenn die Aufnahmen nicht so kunstvoll sind wie zuletzt für "Borchert und der eisige Tod" (Kamera: Andrés Marder): Den beiden ist es erneut gelungen, den Look des Films deutlich aufwändiger als bei durchschnittlichen Fernsehproduktionen wirken zu lassen. Auch die Intensität ist nicht mehr ganz so hoch wie beim ersten Film der neuen Trilogie, weil sich Borchert wieder auf vertrautem Terrain bewegen kann. Der Krimi fasziniert daher in erster Linie durch seine Geschichte, mit der Ard sehr gut den Tonfall der Drehbücher von Wolf Jacoby getroffen hat. Das gilt nicht nur für die Komplexität der Handlung, sondern auch für die differenzierte Figurenzeichnung. Der Journalist hat seine Frau Malia (Sheri Hagen) nie darüber informiert, welchen Skandalen er auf der Spur war, um sie zu schützen. Bei sämtlichen anderen Beteiligten bleibt dagegen bis zum Schluss offen, ob oder wie sie in den Tod des Afrikaners verwickelt sind.
Sympathisch und gut integriert sind auch die kleinen Ereignisse am Rande, die mit der eigentlichen Handlung nichts zu tun haben, aber weit mehr als bloß Fugenfüller sind. Der Film beginnt mit einem bösen Absturz Borcherts in seiner Stammbar, und wie er am nächsten Morgen mehrfach um den bitter benötigten Kaffee gebracht wird, ist sehr amüsantes Beiwerk. Die Geschichten scheinen sich ohnehin mehr und mehr auf den Anwalt ohne Lizenz zu konzentrieren, Kanzleipartnerin Dominique ist auch diesmal eher eine Nebenfigur; richtig viel zu tun hat Ina Paule Klink daher nicht. Im Grunde reduziert Ard sie auf ihre Liebelei mit Hauptmann Furrer (Pierre Kiwitt), der nicht an die Unschuld des Taxifahrers glaubt, was die Beziehung nicht gerade leichter macht. Irritierend ist zwischendurch auch eine optische Marotte: Aus einem zumindest inhaltlich nicht erklärbaren Grund geht Knauers Kamera mitunter so nah an die Gesichter der Schauspieler ran, dass sie ihnen zum Teil ins Ohr zu kriechen scheint. Bei Kalkhof ließe sich das mit dem Versuch erklären, Jürgs latente Aggressivität zu verdeutlichen, aber bei anderen Figuren wirkt das bloß aufdringlich. Knauers Lichtgestaltung ist allerdings wieder formidabel.