Berlin (epd). Die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) hat sich mit der Gewerkschaft ver.di auf einen Tarifvertrag in der Altenpflege geeinigt. "Damit ist ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg zu einem flächendeckenden Tarifvertrag erreicht", erklärten die Verhandlungspartner am Montag in Berlin. Der Tarifvertrag soll am 1. August in Kraft treten. Allerdings kündigten Pflege-Arbeitgeber bereits Klage gegen den Tarifvertrag an.
Der Tarifvertrag soll von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf die gesamte Altenpflege in Deutschland mit rund 1,1 Millionen Beschäftigten erstreckt werden und dann allgemeinverbindlich gelten. Die Regelungen müssten dann auch Arbeitgeber einhalten, die nicht in der Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche organisiert sind. Um den Antrag auf Erstreckung auf die gesamte Branche stellen zu können, müssen allerdings noch die Arbeitsrechtlichen Kommissionen (ARK) der Kirchen zustimmen. Die Kirchen und ihre Sozialverbände Caritas und Diakonie verhandeln die Löhne für die Kirchenbeschäftigten autonom in den ARK.
Die Diakonie zeigte sich in einer ersten Reaktion für den Tarifvertrag offen. Der evangelische Sozialverband unterstütze nachdrücklich das gemeinsame Ziel, die Arbeitsbedingungen in der Pflege flächendeckend zu verbessern, hieß es am Montag in Berlin. Die unabhängige Arbeitsrechtliche Kommission werde nun prüfen, ob der von BVAP und ver.di erarbeitete Tarifvertrag für die Diakonie zustimmungsfähig ist. Ende Februar treffe sich das paritätisch aus Dienstnehmern und -gebern besetzte Gremium, um darüber zu entscheiden, teilte die Diakonie mit.
Im Einzelnen sieht der Tarifvertrag vor, die Mindeststundenentgelte für alle Pflegekräfte in der Altenpflege in vier Schritten zu erhöhen und die Schlechterstellung der Beschäftigten in Ostdeutschland zu beenden. Die Lohnerhöhungen erfolgen zum 1. August 2021, zum 1. Januar 2022, zum 1. Januar 2023 und zum 1. Juni 2023. Die Löhne der Pflegehelferinnen und Pflegehelfer werden dann um 25 Prozent über dem aktuellen Mindestlohn in der Pflege von 11,60 Euro liegen. Im Osten, wo der Mindestlohn derzeit 11,20 Euro beträgt, liegt die Lohnsteigerung noch höher.
Pflegehelferinnen und Pflegehelfer erhalten nach dem Tarifvertrag ab dem 1. August 2021 ein Entgelt von mindestens 12,40 Euro pro Stunde, ab dem 1. Januar 2022 mindestens 13,80 Euro, ab dem 1. Januar 2023 mindestens 14,15 Euro und ab dem 1. Juni 2023 mindestens 14,40 Euro. Pflegehelferinnen und Pflegehelfer mit mindestens einjähriger Ausbildung bekommen ab dem 1. August 2021 mindestens 13,10 Euro pro Stunde; ihre Mindeststundenentgelte erhöhen sich ab 1. Januar 2022 auf 14,50 Euro, ab 1. Januar 2023 auf 15,00 Euro und ab 1. Juni 2023 auf 15,25 Euro.
Die Mindeststundenentgelte für examinierte Pflegefachpersonen liegen demnach ab 1. August 2021 bei 16,10 Euro, ab 1. Januar 2022 bei 17,00 Euro, ab 1. Januar 2023 bei 18,50 Euro und ab 1. Juni 2023 bei 18,75 Euro.
Pflegepersonen in der Altenpflege haben nach dem Tarifabschluss künftig Anspruch auf mindestens 28 Urlaubstage pro Jahr und ein zusätzliches Urlaubsgeld von mindestens 500 Euro. Der Tarifvertrag regelt Mindestbedingungen in der Altenpflege, das heißt, bessere Regelungen bleiben davon unberührt und sind auch weiterhin möglich.
Die BVAP ist ein Zusammenschluss von Pflegeanbietern und Wohlfahrtsverbänden. Das Bündnis wurde unter anderen vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und der Volkssolidarität (VS) gegründet. Inzwischen schließen sich nach Angaben des BVAP immer mehr gemeinnützige, aber auch private und öffentliche Träger an.
Der Arbeitgeberverband Pflege kündigte an, beim zuständigen Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg beantragen zu wollen, die Tarifunfähigkeit von ver.di in der Altenpflege festzustellen. Der Tarifvertrag mit der BVAP wäre dann nichtig, und die Allgemeinverbindlichkeit wäre gescheitert, erklärte Verbandspräsident Thomas Greiner am Montag in Berlin. Begründet wird die Klage damit, dass nur ein sehr kleiner Teil der Pflegekräfte ver.di-Mitglied sei.