Berlin, Brüssel (epd). Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat den Corona-Impfstoff des britisch-schwedischen Konzerns Astrazeneca zur Zulassung empfohlen. Der Impfstoff könne Menschen ab 18 Jahren verabreicht werden, teilte die EU-Behörde am Freitag in Amsterdam mit. Die noch nötige formelle Zulassung durch die EU-Kommission galt als höchstwahrscheinlich. Allerdings herrschte in der EU Unklarheit, wieviel Impfdosen der Hersteller wann liefern kann. In Berlin sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), es stünden weitere harte Wochen bevor.
Die EMA empfiehlt für den Astrazeneca-Wirkstoff wie schon für die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna eine bedingte Zulassung. Dafür sind weniger umfangreiche Daten als normalerweise nötig. Diese müssen laut EMA aber zumindest zeigen, dass der Nutzen des Arzneimittels seine Risiken überwiegt.
Eine Altershöchstgrenze schlug die EMA nicht vor. Es gebe zwar noch nicht genug Ergebnisse bei Menschen über 55 Jahren für eine zahlenmäßige Bewertung, wie gut der Impfstoff in dieser Gruppe wirke. Ein Schutz sei aber zu erwarten, da auch bei den Älteren "eine Immunantwort zu beobachten ist" und basierend auf Erfahrungen mit anderen Impfstoffen. Da zudem verlässliche Informationen zur Sicherheit vorlägen, seien "die wissenschaftlichen Experten der EMA der Ansicht, dass der Impfstoff bei älteren Erwachsenen eingesetzt werden kann".
Die Ständige Impfkommission (Stiko) am Robert Koch-Institut hatte zuvor von der Verwendung des Impfstoffs von Astrazeneca bei Menschen über 65 Jahre abgeraten, weil die Wirksamkeit bei älteren Personen nicht ausreichend belegt sei. Daher solle das Präparat nur in der Altersgruppe von 18 bis 64 Jahren eingesetzt werden. Die Einschätzung hat zu einer Diskussion über die Reihenfolge von Impfungen in Deutschland geführt.
Davon abgesehen sind die Lieferungen des Impfstoffes von Astrazeneca an die EU Gegenstand einer Auseinandersetzung. In einem Vorvertrag hatte sich die Union laut Kommissionsangaben bis zu 400 Millionen Dosen gesichert. Die Firma kann oder will diese aber offenbar nicht im Zeitplan liefern. Die Kommission veröffentlichte am Freitag den Vorvertrag, allerdings mit Schwärzungen an Stellen, wo es um Liefermengen und Fristen geht.
Gesundheitsminister Spahn erklärte zu den Impfungen in Deutschland, es gebe weniger Impfstoff, als aus den europäischen Bestellungen erwartet worden sei. Außerdem seien die Terminhotlines phasenweise schwer erreichbar. "Es liegen noch einige harte Wochen der Knappheit des Impfstoffs vor uns." Auf dem für Montag geplanten Impfgipfel, bei dem sich Bund und Länder mit Pharmaverbänden, Impfstoffherstellern und der EU austauschen wollen, wolle man eine realistische Einschätzung der Lage gewinnen.
Während die bereits genutzten Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna mRNA-Impfstoffe sind, basiert der von Astrazeneca auf der sogenannten Vektortechnologie. Dabei besteht der Impfstoff aus einem anderen, unschädlichen Virus. Es ist so verändert worden, dass es ein Gen zur Herstellung eines bestimmten Proteins des Coronavirus enthält. Das Immunsystem des Geimpften erzeugt dann natürliche Abwehrkräfte gegen dieses Protein. So ist der Körper vorbereitet, wenn sich die Person mit dem Coronavirus anstecken sollte. Es sind zwei Impfungen im Abstand von vier bis zwölf Wochen fällig.
Unterdessen wurde Astrazeneca von der Entwicklungshilfeorganisation ONE ausdrücklich gelobt. Die Firma leiste "von allen Herstellern von Corona-Impfstoffen am meisten, um sicherzustellen, dass der Impfstoff weltweit gerecht zugänglich ist und somit auch den Menschen zur Verfügung stehen wird, die am stärksten von Armut betroffen sind", erklärte Deutschland-Direktor Stephan Exo-Kreischer.
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