Hochrangige Funktionäre aus Tigray vor Gericht

Frankfurt a.M., Addis Abeba (epd). Die äthiopische Zentralregierung geht weiter gegen die Führung der umkämpften Tigray-Region vor. 15 hochrangige Funktionäre erschienen laut einem Bericht des britischen Senders BBC vom Freitag vor Gericht, wo ihnen eine Anklage wegen Hochverrats droht. Die Regierung hatte im November eine militärische Offensive gegen die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) begonnen, die bisher in der Region im Norden des Landes an der Macht war.

Unter den Funktionären, die Anfang Januar festgenommen worden waren, sind einer der Gründer der TPLF, Sebhat Nega, und der frühere Regionalpräsident von Tigray, Abay Woldu. Der Aufenthaltsort des heutigen TPLF-Anführers, Debrestsion Gebremichael, ist den Behörden weiter unbekannt. Die Staatsanwaltschaft erließ laut einem Bericht des regierungsnahen Senders "Fana BC" Haftbefehl gegen 349 weitere Personen, die unter anderem für ein Massaker in Mai-Kadra verantwortlich gemacht werden, bei dem im November mindestens 600 Menschen getötet worden waren.

Die Zentralregierung von Ministerpräsident Abiy Ahmed und die TPLF liefern sich seit November einen Kampf um Macht, nicht nur in Tigray, sondern auch in der Hauptstadt Addis Abeba. Die Tigray-Minderheit hatte in Äthiopien lange Zeit eine entscheidende Stellung in Politik und Armee, wurde jedoch nach Abiys Amtsantritt 2018 zurückgedrängt. Seit dem Ausbruch der Kämpfe sind Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge mehr als 45.000 Menschen ins Nachbarland Sudan geflohen, rund 2,3 Millionen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Hilfsorganisationen warnten derweil vor einer Zuspitzung der Lage. "Die Versorgungslage der Menschen in Tigray ist katastrophal", erklärte der Landesdirektor der Welthungerhilfe in Äthiopien, Matthias Späth. Wegen der Kämpfe könnten Bauern beispielsweise ihre Ernte nicht einfahren, so dass die Versorgung mit Lebensmitteln schwierig sei und Menschen zu verhungern drohten. "Ärzte ohne Grenzen" erklärte, in den Krankenhäusern in Tigray gebe es kaum Medikamente und kein Personal, Wasser oder Lebensmittel mehr.