Die Corona-Pandemie rückt das Sterben in den Fokus. Bilder mit übereinandergestapelten Särgen in Dresden, Meißen und Zittau sorgen für Entsetzen. Krematorien arbeiten im Drei-Schicht-System. In Deutschland sterben täglich allein an und mit Covid-19 zur Zeit rund 1000 Menschen.
Besonders dramatisch ist die Lage in Sachsen. Über Wochen war der Freistaat der Hotspot der Corona-Neuinfektionen. Mehr als 5000 Menschen sind inzwischen an der Infektionskrankheit gestorben. Das führt zu dramatischen Situationen auch im Friedhofs- und Bestattungswesen. In den Krematorien kommen viel mehr Särge an als Einäscherungen stattfinden können. Aufbewahrungsräume reichen nicht mehr aus.
Wartezeit so kurz wie möglich
So auch in der Landeshauptstadt: In der ersten Januarwoche hätten im Krematorium Dresden-Tolkewitz so viele Verstorbene aufgenommen werden müssen wie noch nie zuvor, sagt die zuständige Bürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne). Auch aktuell kämen dort täglich etwa doppelt so viele Verstorbene an wie zu dieser Jahreszeit üblich. Aber nur etwa die Hälfte von ihnen könne vor Ort eingeäschert werden.
Unterstützung kommt aus anderen Bundesländern. Pietät und Respekt würden gebieten, dass die Wartezeit bis zur Einäscherung so kurz wie möglich ist, sagt Jähnigen. Während eine Erdbestattung mit Sarg innerhalb von gut einer Woche stattfinden muss, darf es bei einer Urne laut Gesetz bis zu sechs Monate bis zur Bestattung dauern.
Dies nutzen viele Angehörige, weiß Friedhofsverwalterin Lara Schink vom Verband der Dresdner Annenfriedhöfe. "Wir verfolgen mit Sorge, dass sich das so aufstaut", sagt sie. Wie viele Urnen der jetzt Eingeäscherten auf die Dresdner Friedhöfe kommen, sei aber noch unklar.
An der Kapazitätsgrenze
Von ähnlichen Erfahrungen berichtet der Leiter des Garten- und Friedhofsamtes im westsächsischen Zwickau, Jörg Voigtsberger. Viele Angehörige würden Trauerfeiern auf spätere Termine verschieben, weil Beisetzungen derzeit coronabedingt nur mit insgesamt zehn Personen stattfinden dürften. "Die Terminpläne werden sich also weiter füllen", sagt er. Im Sommer könnte es zu einem rasanten Anstieg kommen.
Im Moment aber liege der Schwerpunkt eindeutig auf den Einäscherungen, sagt Voigtsberger. Er habe auch Kollegen aus anderen Bereichen des Garten- und Friedhofsamtes im Zwickauer Krematorium eingesetzt. Das Personal arbeite seit gut einem Monat an der Kapazitätsgrenze. Schon im Dezember war die Zahl der Todesfälle in der Kommune auf mehr als das Doppelte gestiegen.
Dieser Trend setze sich nun fort, sagt Voigtsberger. Doch die Zahl der täglichen Einäscherungen ist begrenzt - in Zwickau sind es zwischen 21 und 23 Särgen, die pro Tag verbrannt werden können. Die Verstorbenen kämen sogar aus dem Erzgebirge. Es kann aber laut Voigtsberger ebenso sein, dass Verstorbene aus Zwickau in einer anderen Stadt eingeäschert würden. Das hänge von den Bestattungsunternehmen ab.
Bestattungen im Akkord
Wie in anderen sächsischen Städten mussten auch in Zwickau zusätzliche Kühlmöglichkeiten geschaffen werden, um die Särge mit den Toten sachgerecht zwischenlagern zu können. Auch mobile Kühlgeräte kommen zum Einsatz. Bisher reichten aber die eigenen Räumlichkeiten aus.
"Bei uns geht es sehr pietätvoll zu", verspricht Voigtsberger. Aber es brauche natürlich überall mehr Personal, denn es gebe insgesamt mehr Arbeit - auch, um etwa im Standesamt Sterbeurkunden schnellstmöglich ausstellen zu können. Doch der Amtschef, zuständig für fünf Friedhöfe in Zwickau, gibt sich optimistisch: Im Moment ist das alles noch zu schaffen.
Viele Angehörige nutzen in der Corona-Pandemie auch Wochentage für Bestattungen, da Verwandte sowieso nicht anreisen dürfen. Für die Friedhöfe sei das schon eine Herausforderung, sagt Kristel Rönsch von der Friedhofsverwaltung der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde im ostsächsischen Zittau. Nahezu die gesamte Woche über werde bestattet, erzählt sie. Schon jetzt gebe es mehr Beerdigungen als in vergleichbaren Zeiträumen der Vorjahre. Sie habe die Erfahrung gemacht: "Die Angehörigen wollen nicht verschieben." Vier bis sechs Wochen Wartezeit - das ist für manche einfach zu lang.
So gab es an einem Freitag im Januar auf dem Zittauer "Frauenfriedhof" gleich sechs Urnenbeisetzungen, einen Tag davor waren es Rönsch zufolge drei Erdbestattungen. Sonst werde vorzugsweise an Freitagen und Montagen bestattet, damit Familienmitglieder anreisen können. Es sei alles zu schaffen, sagt Rönsch, aber natürlich falle mehr Arbeit an und es brauche öfter Überstunden. Die Angehörigen sollen das aber nicht spüren. Da müssten andere Büroarbeiten erst einmal liegenbleiben.