Kassel (epd). Die rund 73 Millionen gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland müssen beim Arztbesuch weiter ihre elektronische Gesundheitskarte (eGK) als Versichertennachweis vorlegen. Einen Anspruch auf Ausstellung einer Versichertenbescheinigung in Papierform wegen vorgebrachter Datenschutzbedenken gibt es nicht, urteilte am Mittwoch das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. (AZ: B 1 KR 7/20 R und B 1 KR 15/20 R) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung werde mit der verpflichtenden Nutzung der E-Gesundheitskarte nicht verletzt.
Der elektronische Versichertennachweis ist seit 2014 Pflicht. Auf der Karte sind neben einem Foto des Versicherten verschiedene Stammdaten wie Name oder Anschrift gespeichert. Außerdem sind der Versichertenstatus, etwa ob eine Familienversicherung vorliegt oder ob die Gesundheitsleistungen über das Sozialamt abgerechnet werden, ersichtlich. Künftig sollen auf freiwilliger Basis wichtige Notfalldaten wie die Blutgruppenzugehörigkeit abgespeichert und auf eine elektronische Patientenakte zugegriffen werden können.
Die beiden Kläger sahen mit der eGK und die damit verbundene Speicherung ihrer Daten einen unzulässigen Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Gesundheitskarte und die dahinter stehende Telematikinfrastruktur, mit der Ärzte mit den Krankenkassen ihre Leistungen abrechnen, wiesen Sicherheitsmängel auf. Es sei nicht ausreichend geklärt, ob die sensiblen Patientendaten vor unberechtigtem Zugriff geschützt sind. Sie verlangten daher von ihrer Krankenkasse einen Versicherungsnachweis in Papierform.
Vor dem BSG hatten sie ebenso wie in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Eine absolute Datensicherheit könne zwar nicht gewährleistet werden. Der Gesetzgeber habe aber ein Regelungssystem geschaffen, welches die Datensicherheit ausreichend sicherstelle. So seien etwa konkret Verantwortliche für den Datenumgang benannt worden, auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sei mit in der Datenschutzprüfung eingebunden. Bei bekanntgewordenen Sicherheitslücken habe der Gesetzgeber mit neuen Regelungen zur Datensicherheit nachgebessert. Die Speicherung und der Abruf von Krankheitsdaten, die etwa in der geplanten elektronischen Patientenakte enthalten sein können, seien freiwillig.
Die Verwendung der eGK sei auch verhältnismäßig, entschied der 1. BSG-Senat. Denn mit der Versichertenkarte solle Missbrauch verhindert werden, etwa indem fremde Personen die mit Foto versehene Gesundheitskarte eines Versicherten nutzen. Auch ermögliche sie eine leichtere Abrechnung zwischen Ärzten und Krankenkassen, was wiederum das Gesundheitssystem stabilisiere. Auch dies sei im Gemeinwohlinteresse.