Der Leiter der Straffälligenhilfe, Burkhard Teschner, sagte in einem epd-Gespräch, in den Justizvollzugsanstalten (JVA), die zeitweilig komplett geschlossen gewesen seien und nach der Öffnung strengen Besuchsregeln unterlägen, hätten die Gefangenen sich diesbezüglich sicher gefühlt. Hilfen, etwa beim Übergangsmanagement oder in der Anlaufstelle für Straffällige, könnten ihnen aufgrund der Kontaktbeschränkungen zeitweise nur eingeschränkt angeboten werden, bedauerte der Experte.
Immerhin aber dürften die Fachleute aus der Straffälligenhilfe mittlerweile wieder zu Beratungssgesprächen in die Gefängnisse, etwa die JVA Lingen oder die Frauen JVA Vechta fahren, sagte Teschner. Im Lockdown des vergangenen Frühjahrs habe alles per Telefon geregelt werden müssen. Das sei sehr schwierig gewesen, weil sich ein stabiles Vertrauensverhältnis so kaum aufbauen lasse.
Allerdings seien wegen des Infektionsschutzes derzeit nur Einzel- und keine Gruppentreffen möglich. Die sonst einmal im Jahr in den Einrichtungen stattfindenden Messen mit Ständen etwa von Jobcentern, Schuldnerberatung, Suchtberatung oder Bewährungshilfe könnten derzeit nicht angeboten werden, erläuterte der Leiter. In den neun WG-Plätzen in Übergangswohnungen in Osnabrück seien Gruppentreffen derzeit ausgesetzt. "Wir versuchen das jetzt alles in Einzelgesprächen aufzufangen."
Derzeit keine offenen Sprechstunden
Dabei geht es Teschner zufolge häufig auch um den Umgang mit der in der Corona-Pandemie rasant fortgeschrittenen Digitalisierung. "Diese Technik überfordert viele unserer Klienten, zum Beispiel wenn sie bei Behörden, die derzeit geschlossen sind, online Termine vereinbaren oder Formulare ausfüllen müssen."
Auch die Anlaufstelle für Straffällige in Osnabrück, eine von 14 in ganz Niedersachsen, habe mit Einschränkungen zu kämpfen, sagte der Leiter. Sie werde vielfach von kürzlich aus der Haft entlassenen Menschen sowie deren Angehörigen aufgesucht. Offene Sprechstunden würden derzeit nicht angeboten. Die Klienten müssten Termine vereinbaren oder sich telefonisch beraten lassen. In der Coronazeit sei der Zulauf von jährlich rund 500 Klienten um schätzungsweise 15 Prozent zurückgegangen.
Bewusst aufrechterhalten wird nach Teschners Worten das Beratungsangebot für Menschen, die zu häuslicher Gewalt neigen. Der Lockdown erhöhe die Gefahr für Gewalt in Familien. Das unter normalen Umständen angewandte Anti-Gewalt-Training in Gruppen werde aktuell durch regelmäßige Einzelgespräche ersetzt.