Frankfurt a.M., Offenbach (epd). Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland hat sich entsetzt über eine wüste Beschimpfung des Offenbacher Rabbiners Mendel Gurewitz auf offener Straße geäußert. "Jeder Angriff auf jüdisches Leben, ob verbal, tätlich oder tödlich, ist immer ein Schock für die hier in Deutschland lebenden Juden", erklärte das Vorstandsmitglied Avichai Apel, Rabbiner in Frankfurt am Main, am Dienstag. "Was uns trotz dieses traurigen Anlasses freut, Bürgerinnen und Bürger Offenbachs haben Zivilcourage gezeigt und den Angreifer lautstark in seine Schranken verwiesen", betonte er.
Der Rabbiner Mendel Gurewitz, der stets die Kopfbedeckung Kippa trägt, ist nach Polizeiangaben am Neujahrsabend in der Offenbacher Innenstadt in der Nähe der Jüdischen Synagoge von einem Mann lautstark mit antisemitischen Äußerungen beschimpft worden. Der Mann habe außerdem den Hitlergruß gezeigt. Passanten hätten zur Verteidigung Gurewitz' eingegriffen, Anwohner hätten die Polizei gerufen. Die Beamten hätten den alkoholisierten Wohnsitzlosen vernommen. Der Mann sei wegen anderer Delikte polizeibekannt. Die Polizei ermittele weiter.
"Als jüdische Gemeinde haben wir den Wunsch, dass jüdisches Leben, was seit 1.700 Jahren ein fester Bestandteil Deutschlands ist und zum Alltag einfach dazu gehört, künftig überall mit genauso beherzter bürgerlicher Zivilcourage verteidigt wird - damit wäre gesellschaftlich viel gewonnen", sagte Apel.
Der Mainzer katholische Bischof Peter Kohlgraf äußerte sich betroffen von der Attacke auf den Rabbiner. "Ihn, seine Familie und die Gemeinde versichere ich meiner Solidarität. Denen, die beherzt reagiert haben, danke ich aufrichtig. An antisemitische Einstellungen und derartige Vorfälle dürfen wir uns nicht gewöhnen", sagte Kohlgraf.
Auch der Offenbacher Oberbürgermeister Felix Schwenke (SPD) verurteilte den Angriff auf Gurewitz. "Der Rabbi ist einer von uns, ein Offenbacher. Er ist hier willkommen und muss sich frei und sicher bewegen können", sagte er. Er sei froh, dass die Anwohner Gurewitz zu Hilfe kamen. "Genau darauf kommt es an: nicht wegsehen, sondern helfen." Angriffe dieser Art seien immer schockierend, habe Gurewitz geäußert. Aber die Reaktion seiner Nachbarn, von Anwohnern und Passanten habe ihn überwältigt. Menschen unterschiedlicher Backgrounds hätten ihn, den Rabbi, verteidigt.
Schon mehrfach war der Rabbiner, der seit 1998 mit seiner Familie in Offenbach lebt, Ziel antisemitischer Attacken gewesen. Beschimpfungen "passieren ganz oft", hatte Gurewitz 2018 dem Evangelischen Pressedienst (epd) gesagt. "Meine Kinder wollen nicht gemeinsam mit mir in Offenbach auf der Straße gehen." Er rate Gemeindemitgliedern, die Kippa unter einem Hut zu verstecken.