Entschädigung nach Ausschluss aus Vorstellungsrunde

Erfurt (epd). Öffentliche Arbeitgeber müssen schwerbehinderte Stellenbewerber in fairer Weise an Vorstellungsgesprächen teilnehmen lassen. Wird ein Bewerber nur zu einem relativ knappen Erstgespräch, nicht aber zu einer weiteren Auswahlrunde eingeladen, kann dies ein Indiz für eine Diskriminierung wegen der Behinderung sein, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil. Die Erfurter Richter sprachen damit dem schwerbehinderten Kläger eine Diskriminierungsentschädigung in Höhe von 7.674 Euro zu. (AZ: 8AZR 45/19)

Der Mann hatte sich im November 2016 auf eine vom Land Nordrhein-Westfalen ausgeschriebene Stelle einer "Fachbereichsleitung Marketing und Kommunikation" in der Zentrale eines Bau- und Liegenschaftsbetriebs beworben. Dem Bewerber wurde mitgeteilt, dass das Auswahlverfahren zunächst ein einstündiges Gespräch umfasst. In einer zweiten Stufe sollte dann eine weitere Auswahlrunde in Form einer fünfstündigen sogenannten Potenzialanalyse erfolgen, bei der die einzelnen Kompetenzen geprüft werden.

Der Kläger wurde zwar zu dem Personalgespräch eingeladen, aber nicht mehr zur Potenzialanalyse. Die unterbliebene Einladung zur zweiten Stufe des Vorstellungsgesprächs stelle eine Diskriminierung wegen seiner Behinderung dar, erklärte der Mann. Nach dem Gesetz seien öffentliche Arbeitgeber verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, sofern sie für die Stelle grundsätzlich geeignet seien. Das Land meinte, dass der Bewerber doch zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.

Das BAG urteilte, dass der Kläger wegen seiner Behinderung diskriminiert wurde. Ihm stehe eine Entschädigung in Höhe von eineinhalb Monatsgehältern zu, insgesamt 7.674 Euro.

Öffentliche Arbeitgeber seien gesetzlich verpflichtet, fachlich geeignete schwerbehinderte Stellenbewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Werde dies unterlassen, stelle dies ein Indiz für eine Diskriminierung dar. Der Begriff des Vorstellungsgesprächs sei weit zu fassen. Es beinhalte nicht nur ein erstes Gespräch zum Kennenlernen, sondern auch weitere, mehrstufige Auswahlprozesse, etwa in Form von Tests.

Nur wenn der Arbeitgeber sich bereits im Erstgespräch einen umfassenden Eindruck über den Bewerber verschaffen konnte, könne auf eine Einladung zu weiteren Auswahlprozessen verzichtet werden. Darauf habe sich das Land aber nicht berufen, entschied das Gericht.