Politiker der Regierungsparteien gegen Vorrechte für Geimpfte

Frankfurt a.M. (epd). Politiker der Regierungsparteien haben sich für eine Maskenpflicht und auch Versammlungsverbote für Geimpfte ausgesprochen. Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jan-Marco Luczak, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS), es sei nicht klar, ob Menschen nach einer Impfung nicht mehr ansteckend sind. "Solange dies so ist, stellt sich die Frage einer Privilegierung nicht, sie ist rein hypothetisch und verunsichert die Menschen nur", sagte Luczak.

Auch der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, argumentierte mit der Möglichkeit, dass Geimpfte weiter ansteckend sein können. "Noch ist ungeklärt, ob Geimpfte ansteckend sind und zudem haben noch nicht alle Bürger Zugang zu Impfungen. Solange das so ist, kann es keine Sonderprivilegien für Geimpfte geben, so wichtig Impfungen auch sind", sagte er der FAS.

Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley (SPD), sagte, es sei "noch unklar, ob und wie lange die Impfung vor Weitergabe des Virus schützt". Auch deswegen stelle sich "die Frage einer Andersbehandlung für Geimpfte nicht". Auf europäischer Ebene warnte sie vor unterschiedlichen Regelungen für Geimpfte. "Nach dem Grenz-Chaos aus dem Frühjahr wäre ein Flickenteppich an Regelungen für Geimpfte ein neue Herausforderung für die europäische Einheit", sagte Barley der Zeitung.

Der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek, dämpfte die Hoffnung, dass Geimpfte das Virus nicht weiterverbreiten. Tierversuche an Altweltaffen hätten gezeigt, dass die Impfung eine Erkrankung verhindert. In der Nase und im Rachen waren aber weiter Viren nachweisbar. Einen bremsenden Effekt auf die Pandemie sieht Cichutek dennoch. "Auch wenn keine sterile Immunität nach der Impfung erreicht wird, so ist es möglich, dass die SARS-CoV-2-Viruslast vermindert und die Verbreitung des Virus reduziert wird", sagte er.

Sollte sich herausstellen, dass Geimpfte nicht mehr infektiös sind, fordert der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki, für sie alle Einschränkungen aufzuheben. "Das ist kein Corona-Sonderrecht, sondern der Ausdruck unseres freiheitlichen Rechtsstaates", sagte Kubicki.

Auch der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier sagte der FAS, von "Privilegien" oder "Sonderrechten" für Geimpfte könne keine Rede sein. "Wenn sich in Zukunft zeigen sollte, dass geimpfte Personen auch andere nicht anstecken können, entfiele ihnen gegenüber auch die verfassungsrechtliche Legitimation für Maßnahmen wie Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen oder die Maskenpflicht", sagte Papier. Daran könne auch der Wunsch des Gesetzgebers nichts ändern, gesellschaftliche Spannungen zu vermeiden.

epd tz