Ungewöhnlich ist auch das Umfeld, auf das sich die Nachforschungen von Otto Garber (Florian Martens) und Linett Wachow (Stefanie Stappenbeck) konzentrieren: Mordopfer Lukas Schack war der kreative Kopf eines Parfümerieunternehmens, das er gemeinsam mit seinem Bruder Benedict (Max Krause) geerbt hat. Die These, dieser Bruder könne einen Killer beauftragt haben, um die Firma allein zu besitzen, klingt allerdings weit hergeholt, zumal das Labor von Duftgenie Lukas geschlossen worden ist, nachdem sich seine jüngste Kreation als Flop entpuppt hat. Endgültig bizarr wird der Fall, als sich rausstellt, wer als Nutznießerin von der gescheiterten Transplantation profitiert hat: Spenderin war Schacks Frau Jasmin (Hanna Hilsdorf), und weil Eile geboten war, hat der zuständige Chirurg (Peter Jordan) das Organ kurzerhand ihrer gleichfalls auf eine Leberspende wartenden Mutter Elisabeth (Deborah Kaufmann) eingesetzt. Für die Tochter ist das ein doppelter Schock: Neben dem Tod ihres Mannes muss sie nun auch die Nachricht verkraften, dass dessen Exitus ausgerechnet das Leben ihrer verhassten Mutter gerettet hat.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Was in der Zusammenfassung halbwegs übersichtlich erscheint, ist in der filmischen Erzählung angenehm verzwickt: Das Ermittlerteam findet zwar immer wieder neue Puzzlestücke, aber obwohl die Teile perfekt zusammenpassen, wird das Bild nicht klarer, sondern verwirrender; Drehbuchautor Timo Berndt, in den letzten Jahren vor allem für die ZDF-Reihe "Die Toten vom Bodensee" tätig, hat seine ohnehin schon raffinierte Geschichte auch clever konzipiert. Dass der 83. Film der Reihe mit dem unpassenden James-Bond-Titel trotzdem etwas enttäuscht, hat vor allem mit der Regie zu tun. "Man lebt nur zweimal" ist Martin Kinkels siebte Arbeit für "Ein starkes Team". Wirklich herausragende Werke waren nicht dabei, selbst wenn sich beispielsweise die Episoden "Tod und Liebe" sowie "Treibjagd" (beide 2017) durch bemerkenswerte Bildgestaltungen auszeichneten. Das gilt auch für die jüngste Kooperation Kinkels mit seinem bevorzugten Kameramann Henning Jessel: Die Aufnahmen wirken auffallend hochwertig, was den Bildern eine besondere Qualität verleiht.
Während die technische Ebene also auch dank einiger Einstellungen von großer Intensität von überdurchschnittlicher Qualität ist, offenbart die Arbeit mit den Darstellern zum Teil erhebliche Schwächen. Das gilt allerdings weder fürs Reihenensemble, auch wenn Stefanie Stappenbeck etwas unterbeschäftigt ist, noch für Profis wie Peter Jordan, der den Arzt als kalten Bürokraten verkörpert, oder Florian Bartholomäi als Stalker der jungen Jasmin, der eine völlig undurchsichtige Rolle spielt. Viele der weiteren Mitwirkenden tragen jedoch derart unangemessen dick auf, als hätten Kinkels Regieanweisungen bloß aus Schlagwörtern bestanden: die falsche Schlange (Katharina Heyer), der sexuell hörige junge Firmenchef (Krause), der zornige kleine Bruder (Dennis Kamitz) von Jasmin. Deborah Kaufmann versieht die leidende Mutter mit einem demonstrativen Dialekt, der vermutlich „einfache Leute“ signalisieren soll; allerdings wirkt Tom Jahn als Elisabeths langjähriger Lebensgefährte, dem Jasmin vorwirft, er habe sie als Teenager missbraucht, ungleich authentischer.
Auch die dialogischen Gebrauchsanweisungen sind nicht gerade elegant integriert. Zu Beginn muss sich das Ermittlertrio – Sebastian Klöckner (Matthi Faust) darf sich gleich zweimal als Lebensretter hervortun – erst mal gegenseitig erklären, wie eine Lebendspende abläuft. Ansonsten hat Florian Martens wieder mal die besten und zudem gewohnt trocken vorgetragenen Zeilen. Ausnahmsweise witzig sind auch die zuletzt regelmäßig recht bemüht wirkenden Auftritte von Faktotum Sputnik (Jaecki Schwarz), der seiner Verwandtschaft erzählt hat, er sei ein großes Tier beim LKA, was dem Film eine amüsante Schlusspointe beschert.