Sonderrechte für Geimpfte: Ethikratsvorsitzende mahnt zu Augenmaß
29.12.2020
epd
epd-Gespräch: Bettina Markmeyer

Berlin (epd). Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, mahnt in der Debatte um mögliche Sonderrechte für Geimpfte zu Augenmaß und Geduld. Buyx sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag, zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wo sich nicht alle Menschen gegen das Coronavirus impfen lassen können, die das möchten, könne man nicht über mögliche Sonderrechte sprechen.

"Denn wir stehen als Gesellschaft zurück für diejenigen, die besonderen Schutz brauchen", erläuterte Buyx: "Es wäre sehr unausgewogen, wenn diese Gruppen, um derentwillen wir richtigerweise noch warten, irgendwelche Vorrechte hätten." Außerdem wisse man bisher nicht sicher, ob die Immunisierung wirklich dafür sorge, dass sich niemand mehr bei einem Geimpften anstecken kann, ergänzte die Münchner Medizinethikerin.

Rechtspolitiker von SPD und Union prüfen nach einem Bericht der "Welt" (Dienstag) aktuell ein gesetzliches Verbot von Sonderrechten für Menschen mit Corona-Impfung. Auslöser sind Ankündigungen aus der Privatwirtschaft, Menschen, die gegen das Virus geimpft sind, künftig anders zu behandeln als nicht Geimpfte. Die australische Fluggesellschaft Qantas etwa will nur noch geimpfte Passagiere an Bord lassen.

Bisher sei es möglich, dass Unternehmen so handeln, sagte Buyx. Man werde künftig intensiv darüber sprechen müssen, ob es sich bei solchen Vorgehensweisen um Diskriminierungen handele und ob es rechtlicher Regulierungen bedürfe. Allein über Verbote zu diskutieren, reiche nicht aus: "Pauschale Verbote sind zu undifferenziert." Bei einer rechtlichen Regulierung solle vielmehr die Suche nach differenzierten und gesellschaftlich akzeptierten Lösungen im Mittelpunkt stehen, betonte die Ethikratsvorsitzende. Sie erinnerte daran, dass es bei anderen Impfungen verschiedene Regelungen gibt.

So ist etwa der Nachweis einer Masernimpfung notwendig, um ein Kind in der Kita anzumelden. Auch im Gesundheitssystem und für Reisen gibt es Vorschriften zu Impfungen. Buyx sagte: "Wir haben eine allgemeine Impfpflicht klar ausgeschlossen. Es wird aber davon abgesehen sicher gefragt werden, ob und unter welchen Umständen es zulässig sein könnte, Geimpfte und Nicht-Geimpfte unterschiedlich zu behandeln, wenn die Impfung allen zur Verfügung steht."