Bielefeld (epd). Die psychiatrischen Krankenhäuser in Deutschland leiden einer aktuellen Studie zufolge unter einer massiven Unterversorgung mit psychiatrischen Pflegekräften. Dies gelte insbesondere für die tagesklinische Behandlung, in der Gerontopsychiatrie und der Intensivbehandlung, erklärte die Fachhochschule der Diakonie am Freitag in Bielefeld-Bethel anlässlich der Publikation der Untersuchung. Die Studie liefere erstmals wissenschaftlich gesicherte konkrete Zahlen für den Pflegepersonalbedarf in der Erwachsenenpsychiatrie und in der Psychosomatik.
Der tatsächliche Bedarf an Pflegekräften liege deutlich über dem vorgegebenen Personalschlüssel in der psychiatrischen Pflege, erklärte die Pflegewissenschaftlerin Jacqueline Rixe. Laut der Studie müssten etwa auf einer allgemeinen Psychiatriestation mit 18 Betten vier Patienten auf eine Pflegekraft kommen. Nach der seit 1990 gültigen Psychiatrie-Personalverordnung muss sich jedoch eine Pflegeperson um sechs Kranke kümmern.
Die Tätigkeitsfelder in der psychiatrischen Pflege hätten sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert, sagte Rixe. Neben krankheitsbezogenen Interventionen seien für die Personalbemessung zum Beispiel auch die Patienten-Begleitung, Angebote der Tagesstruktur oder die Gewährleistung der Patientensicherheit relevant. Auch der Therapie- und Pflegebedarf der Kranken habe zugenommen, betonte die Expertin.
Die Autoren der Studie, Michael Löhr und Dorothea Sauter, hätten mit der Studie ein "wertvolles Instrument" für die Ermittlung des Personalbedarfs eines Krankenhauses entwickelt, hieß es weiter. Dies sei in Zukunft eine wichtige Verhandlungsgrundlage für Kostenträger und Kliniken erklärte Löhr, der als Honorarprofessor an der FH der Diakonie tätig ist.
Die Betheler Fachhochschule hatte die Untersuchung im Auftrag der Bundesfachvereinigung Leitender Krankenpflegepersonen der Psychiatrie erstellt. Für die einjährige Studie wurden den Angaben zufolge aus der Literatur alle psychiatrischen Pflegetätigkeiten ermittelt und anschließend bundesweit 117 Pflegeexperten und -expertinnen aus rund 50 Kliniken und Einrichtungen befragt.