Deutscher EU-Vorsitz geht nicht mehr von Asyl-Einigung aus

Brüssel, Berlin (epd). Die Bundesregierung geht nicht mehr von einer Einigung über ein neues europäisches Asylsystem unter dem deutschen EU-Ratsvorsitz aus. Es gebe noch keinen Konsens, sagte Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) am Montag vor einer virtuellen Sitzung der EU-Innenminister in Berlin und machte klar, dass er am Montag auch keinen erwarte. Mayer verwies darauf, dass man nie angekündigt habe, dass unter dem deutschen Vorsitz fertige EU-Ratsdokumente vorliegen würden oder Rechtsetzung erfolgen könne. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte allerdings wiederholt eine politische Grundsatzeinigung als Ziel formuliert.

Als großen Fortschritt wertete Mayer, dass kein einziges Mitgliedsland "von Ungarn bis Luxemburg bis Italien" den Vorschlag der EU-Kommission für die Reform als Gesprächsgrundlage abgelehnt habe. Die Kommission hatte den Vorschlag im September unterbreitet. Deutschland hat in seiner Ratspräsidentschaft von Juli bis Jahresende die Aufgabe, die Verhandlungen voranzutreiben. Am Montag stand unter Mayers Leitung die letzte Ratssitzung an. Seehofer selbst ist laut BMI wegen des möglichen Kontakts mit einer corona-infizierten Person vorsorglich in Quarantäne.

Der Plan der EU-Kommission sieht vor, künftig Asylverfahren grundsätzlich an den EU-Außengrenzen durchzuführen. Bei einer großen Zahl Zufluchtsuchender könnten andere EU-Mitgliedsländer zur Hilfe verpflichtet werden. Bindende Aufnahmequoten soll es aber nicht geben. Die Frage, in welchem Umfang alle Mitgliedsländer zur Unterstützung von Ersteinreiseländern wie Italien und Griechenland herangezogen werden können, ist seit Jahren der Knackpunkt.

Staatssekretär Mayer sagte am Montag, es gebe bei den Außengrenzverfahren zwar keinen Konsens darüber, wer im Rahmen des Außengrenzverfahrens überhaupt behandelt werde und wie dann das weitere Prozedere erfolge. Man sei aber schon einig, dass Personen mit offenkundig keinem Recht auf Asyl "nach Möglichkeit überhaupt nicht in die Europäische Union einreisen sollten". Als weitere Punkte, bei denen Einvernehmen oder Fortschritte erzielt wurden, nannte Mayer die Rückkehr ausreisepflichtiger Personen, die Kooperation mit Herkunftsländern und verstärkten Außengrenzenschutz sowie verstärkte Steuerung der legalen Migration in die EU.