Frankfurt a.M. (epd). Die Forderung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nach einer Aufweichung des Abschiebestopps für Syrien stößt auf Widerstand beim Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Georg Maier (SPD). Im Deutschlandfunk warf der thüringische Ressortchef am Mittwoch Seehofer ein "politisches Spiel" mit der Forderung nach Abschiebungen von Straftätern und sogenannten Gefährdern vor. Aktuell lägen die notwendigen rechtsstaatlichen Voraussetzungen dafür nicht vor. In Syrien gebe es ein Terrorregime, es herrsche Bürgerkrieg, Deutschland unterhalte keine diplomatischen Beziehungen. "Wir können die Leute nicht mit dem Fallschirm über Syrien abwerfen", sagte Maier vor dem Beginn dreitägiger Beratungen der Innenminister von Bund und Ländern.
Seit 2012 gilt für Menschen aus dem Bürgerkriegsland Syrien ein Abschiebestopp in Deutschland. Der derzeitige läuft Ende des Jahres aus. Die Innenminister beraten bei ihrer bis Freitag dauernden Konferenz über eine Verlängerung. Seehofer hatte zuvor gefordert, den Stopp zumindest aufzuweichen und insbesondere für Straftäter und Gefährder im Einzelfall zu prüfen, ob Abschiebungen möglich sind.
Seehofer stoße eine Diskussion an, habe aber keine Lösung, kritisierte Landesinnenminister Maier. Als Kompromiss in den Beratungen erwarte er, dass das Abschiebeverbot vorerst um sechs Monate verlängert wird.
Zahlen aus dem Bundesinnenministerium zeigen, dass es nur um einen Bruchteil der in Deutschland lebenden Syrer geht. Wie eine Sprecherin auf Anfrage sagte, haben in diesem Jahr von Januar bis Ende November mehr als 34.000 Syrer Asyl beantragt. 5.719 Syrer waren zum Stichtag 31. Oktober ausreisepflichtig, hatten also kein Aufenthaltsrecht für Deutschland. 90 der derzeit von den Landesbehörden als islamistische Gefährder eingestuften Personen hatten nach Angaben des Innenministeriums die syrische Staatsangehörigkeit. Über die Zahl der Straftäter, die betroffen wären, konnte das Ministerium zunächst keine Angaben machen.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International und die Diakonie appellierten eindringlich an die Innenminister, den generellen Abschiebestopp nach Syrien zu verlängern. Auch in sogenannte befriedete Gebiete dürfe niemand abgeschoben werden, denn dort herrsche ein Sicherheitsapparat, der für Verschleppung, systematische Folter und Hinrichtungen verantwortlich sei, sagte der Generalsekretär der deutschen Sektion, Markus N. Beeko.
Diakonie-Vorständin Maria Loheide erklärte, Abschiebungen könnten ein legitimes Mittel des Rechtsstaates sein, müssten aber in Einklang mit den Menschenrechten stehen. "Es ist eine große Errungenschaft, dass in Deutschland das Verbot der Folter und der unmenschlichen Behandlung als absolut gilt", sagte sie. Das müsse auch für Straftäter und Gefährder gelten. Diese Menschen müssten die Härte der deutschen Gesetze erfahren und zur Verantwortung gezogen werden wie alle anderen, die Straftaten begehen.