Berlin (epd). Das Vertrauen in Politik und Institutionen ist bei Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland laut einer Studie mindestens genauso groß oder höher ausgeprägt als im Rest der Bevölkerung. Wie aus dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten "Integrationsbarometer" hervorgeht, vertrauen beide Gruppen beispielsweise der Polizei jeweils zu gut 85 Prozent "voll" oder "eher". Der Anteil der Menschen, die der Polizei "voll" vertrauen, ist bei Menschen mit Migrationshintergrund sogar mit 47,1 Prozent höher als bei denen ohne Migrationshintergrund (36,9 Prozent). Insgesamt zeigt die Studie, dass während der Corona-Pandemie das Vertrauen aller Menschen in Deutschland in die Politik gestiegen ist.
Für das "Integrationsbarometer" hat der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration rund 15.000 Menschen mit und ohne Migrationshintergrund im November 2019 und im August 2020 befragt, in jedem Bundesland dabei jeweils mindestens 500 Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte. Ausnahme waren wegen des geringen Migrantenanteils die ostdeutschen Bundesländer, wo das Mindestmaß Befragter mit Migrationshintergrund bei 300 lag.
Beim Vertrauen in die Polizei zeigt sich der Studie zufolge ein Unterschied dabei, ob die Befragten selbst Benachteiligung durch die Polizei erfahren haben. So sagen etwa nur 35 Prozent der Zuwanderer, die sich durch Polizisten benachteiligt fühlten, dass sie der Polizei "voll" vertrauen. Bei denjenigen ohne Diskriminierungserfahrung waren es 55 Prozent. Über Benachteiligung durch Polizisten klagen den Angaben zufolge dabei vor allem Türkeistämmige.
Durch die Befragungszeitpunkte vor und nach Beginn der Corona-Pandemie erlaubt die Studie einen Blick in die Veränderung von Einstellungen im Laufe des Jahres. Dem "Integrationsbarometer" zufolge ist dabei sowohl bei Menschen mit als auch ohne Migrationshintergrund das Vertrauen in die Demokratie und Politik in der Pandemie gewachsen. So gaben 63 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund vor der Pandemie an, der Politik zu vertrauen. Während der Pandemie waren es 68. Bei den Menschen ohne Migrationshintergrund stieg der Wert von 51 Prozent im November 2019 auf 65 Prozent im August dieses Jahres.
Die höheren Werte bei Menschen mit Migrationshintergrund erklärt die Studie mit einem "Honeymoon-Effekt" bei Zuwanderern. Insbesondere Zuwanderer aus nicht-demokratischen Ländern "empfinden das Leben in einer freiheitlichen Gesellschaft als Erleichterung, bevor die Mühen der Ebene kommen", sagte der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Markus Kerber, dessen Haus das "Integrationsbarometer" in diesem Jahr erstmals gefördert hat.
Die Zunahme von Vertrauen in die Politik bei Alteingesessenen auf insgesamt niedrigerem Niveau erklärte Diehl mit einem "Alt-Ehe-Effekt", bei dem man zwischenzeitlich genervt gewesen sei. Mit der Pandemie habe die Beziehung einen Schock erlitten und nun wisse man wieder mehr, was man hat, sagte sie.
Das in der Studie gemessene Integrationsklima ist verglichen zu 2018 stabil geblieben mit leichter Tendenz zum Positiven. Demnach bewertet eine Mehrheit in allen Gruppen das Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft in Deutschland positiv. Vor allem Männer, die Zuwanderung in der Vergangenheit kritischer gesehen haben als Frauen, schätzen die Situation den Angaben zufolge heute positiver ein als noch vor zwei Jahren.