München (epd). Mit dem Zustandekommen politischer Entscheidungen in Demokratien beschäftigt sich ein neues interdisziplinäres Forschungsprojekt in München. Diese Frage habe in den vergangenen Jahren dramatisch an Aktualität gewonnen, teilte die Bayerische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch mit. Demokratisch getroffene Entscheidungen erschienen in jüngster Zeit nicht mehr allen Bürgern ohne weiteres legitim und stünden daher der grundsätzlichen Kritik offen, stellen die Forscher in ihrem Projektentwurf fest. Dies habe beispielsweise die Wahl in den USA - oder vielmehr der Umgang Donald Trumps mit dem Wahlergebnis - bestätigt.
Politische Entscheidungsprozesse würden als in der Krise steckend und staatliche Reformpolitik als wenig effizient wahrgenommen, hieß es. Die Bürger empfänden ihre Partizipationsmöglichkeiten als beschränkt und die politischen Amts- und Mandatsträger als nicht ausreichend responsiv, also auf ihre Interessen reagierend. Politische Entscheidungen würden immer häufiger mit dem "TINA-Prinzip" legitimiert: "There is no alternative", dem auch das von deutschen Politikern verwendete "alternativlos" entspreche.
Geleitet wird das Projekt, an dem sich auch vier Nachwuchswissenschaftler beteiligen sollen, vom Zeithistoriker Andreas Wirsching und dem Juristen Christian Walter von der Ludwig-Maximilians-Universität.