Am 4. Dezember 2010, hatte sich Koch bei einem Auftritt in der Sendung "Wetten dass..." schwer verletzt.
©Uwe Anspach/dpa
Samuel Koch auf der Bühne des Nationaltheater Mannheim, wo er als Schauspieler festes Ensemblemitglied ist.
Samuel Koch fordert Unterstützung für pflegende Angehörige
Seit seinem Unfall bei "Wetten, dass..." vor zehn Jahren sitzt der Schauspieler Samuel Koch im Rollstuhl. Trotz allem sieht der 33-Jährige nach eigenen Worten viele Gründe, dankbar und zuversichtlich zu sein. Im Interview fordert der Buchautor und Schauspieler am Nationaltheater Mannheim mehr Unterstützung für pflegende Angehörige - und gibt Tipps für den Umgang mit Krisen.
03.12.2020
epd
Interview: Judith Kubitscheck

Herr Koch, vor kurzem haben Sie in den sozialen Netzwerken eine Liste veröffentlicht, auf der Sie viele Gründe gesammelt haben, wofür Sie dankbar sind. Was hat es damit auf sich?

Samuel Koch: Es ist tatsächlich so, dass ich jeden Tag schöne Erlebnisse habe: mal Gründe zum Lachen, mal tiefgehende Gespräche, Herausforderungen und Belohnungen, ich bekomme und gebe hoffentlich viel Liebe. Die negativen Dinge, die ebenfalls täglich da sind, verdränge ich möglichst - nicht in dem Sinne, dass ich sie einfach nur wegschiebe, sondern ich räume ihnen einfach nicht mehr Wichtigkeit ein, als ich ihnen zugestehen will und setze ihnen etwas Positives entgegen.

In Ihrem Buch "Steh auf Mensch! Was macht uns stark?" schreiben Sie viel über Resilienz, eine gute psychische Widerstandsfähigkeit. Was macht Sie stark und gibt Ihnen immer wieder Hoffnung?

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Koch: Ohne Hoffnung gibt es kein Morgen, keinen Grund, weiterzumachen und schon gar keinen Optimismus. Und je schlimmer die Krise ist, die man erlebt, desto stärker muss die Hoffnung sein. Deshalb finde ich den Begriff "Zuversicht" fast noch besser. Zuversicht bedeutet laut Duden: "Vertrauen in die Zukunft". Das Wort kommt aus dem althochdeutschen zuofirsiht, und das wiederum steht für "ehrfurchtsvolles Aufschauen".

Sie engagieren sich auch für die Rückenmarksforschung. Haben Sie die Hoffnung, dass sich dort bald etwas tut, damit auch Sie vielleicht wieder gehen können?

Koch: Ich spüre heute mehr als in der ersten Phase nach dem Unfall. Die neurologische Forschung ist relativ jung, ihre Potenziale sind noch nicht ausgeschöpft. Ich hoffe, mich irgendwann aus meinem E-Rollstuhl zu erheben. Solange halte ich meinen Körper mit Hilfe von Physiotherapeuten und an speziellen Trainingsgeräten fit.

Samuel Koch: "Gott bringt mich zum Grinsen"

Zum Thema Inklusion schreiben Sie: Ihre Vision wäre, dass sie so selbstverständlich wird, dass man nicht mehr darüber spricht. Wie können wir das erreichen?

Koch: Noch immer können sich viele gesellschaftliche Bereiche völlig aus inklusiven Bemühungen heraushalten. So gibt es beispielsweise kaum Regelungen zur Barrierefreiheit in der Privatwirtschaft. Menschen lernen sich aber im Café, im Kino oder beim Einkaufen kennen und eher selten in staatlichen Behörden. Nur durch die Begegnung mit Menschen mit Behinderungen wird Inklusion gelebt.

Weil Sie gerade wegen der Corona-Beschränkungen nicht im Nationaltheater Mannheim als Schauspieler arbeiten können, versuchen Sie, den vor einem Jahr gegründeten Verein "Samuel Koch und Freunde e.V. - Wir helfen Helfern" etwas präsenter zu machen. Der Verein nimmt gezielt pflegende Angehörige in den Blick. Warum?

Koch: Zuallererst gilt es zu verstehen, dass pflegende Angehörige entlastet werden, wenn die Betroffenen selbst mehr Selbstbestimmung und Eigenständigkeit erhalten. Deswegen kämpfe ich mit vielen für ausreichende Unterstützung behinderter Menschen im Alltag. Hier missbraucht die jetzige Rechtslage allzu oft Angehörige, um sie als "kostenlose" Pfleger, Assistenten und Alltagshelfer einzusetzen.

Auf der anderen Seite wird Betroffenen und Angehörigen das Leben vonseiten der Politik unnötig schwergemacht. Ganz aktuell ist zu befürchten, dass mit dem Intensivpflegestärkungsgesetz (IPReG) neue Hürden und Voraussetzungen aufgebaut werden, um jene Menschen in ihrer eigenen Häuslichkeit zu versorgen. Anstatt die Betroffenen und Angehörigen dabei zu unterstützen, versucht die Politik, sie in kostengünstigere Heime zu verschieben.

Wie gehen Sie persönlich mit der Corona-Krise um? Haben Sie einen Tipp, wie man diese gut meistern kann, ohne sich von Angst oder Einsamkeit gefangennehmen zu lassen?

Koch: Wie schon in all meinen Krisen beginne ich nach der ersten Schockstarre nach dem "Wozu?" zu fragen. Ich versuche wegzuschauen von dem, was nicht geht, hin zu dem, was dem Nächsten dient.

Kommen wir zu einem völlig anderen Thema, für das Sie sich engagieren: Sie werden voraussichtlich am 27. Januar in Berlin am Holocaustmahnmal sein und der Opfer des Holocausts gedenken. Und auch sonst sind Sie in engem Kontakt mit der jüdischen Gemeinde in Deutschland. Warum liegt Ihnen dieses Thema besonders am Herzen?

Koch: Das wird wohl am besten an dem Namen der Veranstaltung deutlich: "Nie Wieder". Allerdings ist jüdisches Leben in Deutschland so viel mehr als das bloße Erinnern an den Holocaust. Deshalb möchten wir, die Initiative "Nie Wieder", in diesem Thema lieber ein paar gute Nachrichten um die Welt schicken, um zu zeigen, dass uns die Liebe wichtiger ist als der Hass - die Gemeinsamkeiten wichtiger als die Unterschiede.

Ein Blick auf die nächsten zehn Jahre: Was Sind Ihre Ziele und Träume?

Koch: Ich möchte weitermachen und mit meinen Gaben und Fähigkeiten, Menschen zum Lachen, Weinen und im besten Fall zum Nachdenken anregen.