Im ersten Jahr des Kyrus, des Königs von Persien, erweckte der HERR – dass erfüllt würde das Wort des HERRN, das durch den Mund Jeremias gesprochen war – den Geist des Kyrus, des Königs von Persien, und er ließ ausrufen in seinem ganzen Königreich, auch durch Schrift, und ließ sagen: So spricht Kyrus, der König von Persien: Alle Königreiche der Erde hat mir der HERR, der Gott des Himmels, gegeben, und er hat mir befohlen, ihm ein Haus zu Jerusalem in Juda zu bauen. Wer nun unter euch zu seinem Volk gehört, mit dem sei sein Gott, und er ziehe hinauf nach Jerusalem in Juda und baue das Haus des HERRN, des Gottes Israels; das ist der Gott, der zu Jerusalem ist. Und wo auch immer einer übrig geblieben ist, dem sollen die Leute des Orts, an dem er als Fremdling gelebt hat, helfen mit Silber und Gold, Gut und Vieh neben der freiwilligen Gabe für das Haus Gottes zu Jerusalem. Da machten sich auf die Häupter der Sippen aus Juda und Benjamin und die Priester und Leviten, alle, deren Geist Gott erweckt hatte hinaufzuziehen, um das Haus des HERRN zu Jerusalem zu bauen.
Esra 1,1–5 (Hier vorgelesen von Helge Heynold)
Liebe Menschen im Warteraum,
ich hoffe, Sie genießen den Advent mit der nötigen Mischung aus Ruhe und Vorfreude. Vielleicht sind Sie sogar ein bisschen aufgeregt in dieser Zeit. Hauptsache, Sie leiden weder unter allzu großer Emsigkeit, die Sie erschöpft, noch unter großer Sorge. Wissen Sie bereits, was Ihre Kirchengemeinde am Heiligabend geplant hat? Haben Sie schon einen Plan, ob Sie in eine Kirche oder auf einen Platz gehen? Oder haben Sie vor, in diesem Jahr zu Hause zu bleiben und einen Gottesdienst im Fernsehen zu verfolgen? Oder einen Livestream im Internet?
In diesem Jahr wird es viel mehr neue Wege und Möglichkeiten geben, an einem Weihnachtsgottesdienst teilzunehmen, als in den vergangenen Jahren. Corona hat die Kreativität der Kirche beflügelt, auch virtuelle Räume stärker für den Gottesdienst zu nutzen. Auch bei uns im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) feiern wir unsere Adventsandachten in diesem Jahr sowohl im Haus als auch mit Teilnehmenden, die sich per Videokonferenz dazuschalten. Für Menschen, die Gottesdienste in der Kirche genießen, fühlt sich eine Teilnahme "von Ferne" immer noch fremd an. Es fehlt einiges, was man sonst hat: Es gibt kaum die Möglichkeit, vorab oder anschließend mit den anderen Menschen zu reden. Gemeinsam zu singen, unisono zu sprechen, all das fehlt.
Als die Israeliten in das Exil nach Babylon verschleppt wurden, haben sie auch dort Gottesdienste gefeiert. Der Tempel in Jerusalem war zerstört und die heiligen Gegenstände aus dem Tempel wurden sozusagen als Kriegsgefangene mitgenommen. Darum hat man sich in der Fremde viele kreative Gedanken gemacht, wie man auch im neuen "Zuhause" Gott dienen kann. Die Heiligung des Sabbats ist ein Kind des Exils. Alle sieben Tage gehört seitdem ein ganzer Tag nur der Ruhe und Gott.
Nach 50 Jahren dann übernahm das Perserreich die Vorherrschaft im Nahen Osten. Der König Kyrus verfolgte eine andere Politik gegenüber den eroberten Gebieten als die Babylonier. Kyrus erlaubte, dass sich die besetzten Gebiete eigenständig verwalteten. Das galt auch für religiöse Angelegenheiten. So konnte der Tempel in Jerusalem wieder aufgebaut werden unter der Schirmherrschaft des persischen Königs. Es ist kein Wunder, dass die Bibel es so beschreibt, dass der Gott Israels höchstpersönlich den Geist des Kyrus erweckte, damit er den Befehl gab.
Nun war der Kult wieder in der Form möglich, die durch die Thora beschrieben wurde. Vor allem konnte es nun wieder Brandopfer geben. Die waren ohne einen Tempelbetrieb nicht denkbar. Gleichzeitig wurden die Traditionen, die sich während der Zeit des Exils entwickelt hatten, beibehalten. Man kann behaupten, dass die Katastrophe der Verschleppung eine Kreativität entfacht hatte, die sich in der Rückschau als Glücksfall erwies. Bis heute stehen das Judentum und auch das Christentum in der Tradition, die sich damals neue Wege suchte, abseits vom Tempel Gott zu dienen.
Womit wir wieder bei unserer Situation sind. Wenn die Zeit kommt, dass wir wieder in Kirchen lauthals singen werden, wenn wir wieder um den Altar stehen und Abendmahl feiern, dann werden sich neue Möglichkeiten etabliert haben, Gott zu dienen. Es wird spannend sein zu schauen, ob Ideen dabei sind, die sich derart durchsetzen werden wie eine siebentägige Woche mit einem Ruhetag. Die Zeit wird es offenbaren, auf jeden Fall sollten wir den neuen Ideen eine Chance geben, damit sie sich etablieren können.
Darum lautet meine Wochenaufgabe für Sie: Probieren Sie mal etwas aus! Wenn Sie das bislang nur selten getan haben, hören Sie mal rein in einen Rundfunkgottesdienst. Schauen Sie einen Fernsehgottesdienst, wenn Sie die eigentlich meiden. Oder Sie besuchen einmal die Seite www.kirchevonzuhause.de. Die wird von der Evangelischen Kirche in Deutschland betrieben und stellt viele Möglichkeiten vor, im digitalen Raum Kirche zu erleben.
Ich wünsche Ihnen mehr als 24 neue Türen!
Ihr Frank Muchlinsky