Osnabrück (epd). In Deutschland gibt es rein rechnerisch jeden Tag einen Übergriff auf Muslime oder Moscheen. Im dritten Quartal verzeichneten die Behörden bundesweit nach vorläufigen Zahlen 144 Übergriffe auf Muslime, Moscheen und andere muslimische Einrichtungen, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht. 15 Strafteten richteten sich gegen eine Moschee.
Den Daten zufolge, über die zunächst die "Neue Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch) berichtete und die auch dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegen, ist das insgesamt aber ein Rückgang. Im ersten Quartal hat es demnach 275, im zweiten Quartal 213 Vorfällen gegeben. Verletzt wurden im dritten Quartal zwölf Menschen bei islamfeindlichen Übergriffen.
Die endgültigen Zahlen dürften nach Einschätzung der Linksfraktion durch Nachmeldungen noch steigen. Die Behörden verzeichneten unter anderem Volksverhetzung, Beleidigungen, Beschimpfungen, Störung der Religionsausübung und Sachbeschädigung. Über die Höhe der materiellen Schäden kann die Bundesregierung keine Angaben machen, da die Schätzungen nach ihren Angaben nicht von den Ländern gemeldet werden.
Die Linken sehen keinen Anlass für Entwarnung. Die politisch motivierte Kriminalität nehme auch wegen der zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft insgesamt zu. Im Gesamtjahr 2019 wurden dem Bericht zufolge laut Polizeistatistik zur politisch motivierten Kriminalität bundesweit 950 Delikte verzeichnet, das entsprach einem Plus von 4,4 Prozent. Dabei stammten etwa neun von zehn Tätern aus dem rechten Spektrum.
Oft zeige sich der Fremdenhass in vielerlei Diskriminierung, sagte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke. "Vorurteile und Hass auf Muslime haben viele Gesichter." Dazu gehöre auch, dass Muslime auf der Straße beschimpft oder Kopftuch tragende Frauen bei der Jobsuche benachteiligt würden. Jelpke verwies auf eine hohe Dunkelziffer: "Die gemeldeten Straftaten sind erfahrungsgemäß nur die Spitze des Eisbergs." Viele Betroffene gingen aus Scheu oder Skepsis gar nicht erst zur Polizei.
Islamfeindliche Übergriffe wurden den Angaben zufolge bundesweit gemeldet. Die Datensammlung verzeichnet Vorfälle in allen Bundesländern. Islamfeindliche Aufmärsche wurden im dritten Quartal dagegen nur in Sachsen registriert. Sechsmal hielt die "Pegida"-Bewegung demnach zwischen Anfang Juli und Ende September Kundgebungen in Dresden ab.
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