Karlsruhe (epd). Auch während der Corona-Pandemie kann im Betreuungsverfahren auf die persönliche Anhörung psychisch Kranker nicht verzichtet werden. Eine telefonische Anhörung des Betroffenen reicht nicht aus, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss. (AZ: XII ZB 220/20)
Im Streitfall ging es um eine an einer organischen Persönlichkeitsstörung erkrankten Frau, für die auf Antrag ihres Ehemannes eine Betreuung eingerichtet werden sollte. Das Amtsgericht Bünde in Ostwestfalen entschied, dass der Ehemann die Betreuung in Behörden-, Sozialversicherungs-, Vermögens- und Postangelegenheiten übernehmen sollte. Eine Berufsbetreuerin war für die Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitssorge zuständig. Zuvor hatte das Gericht die Frau persönlich in ihrer Wohnung angehört und ein ärztliches Gutachten veranlasst.
Als die Betroffene gegen ihre Betreuung Beschwerde beim Landgericht Bielefeld einlegte, holte dieses noch ein Ergänzungsgutachten ein. Wegen der Corona-Pandemie hörte es die Frau aber nur telefonisch an.
Das reicht nicht, entschied der BGH. Auch während der Corona-Pandemie müssen im Betreuungsverfahren die Betroffenen grundsätzlich persönlich angehört werden. Zwar könne im Berufungsverfahren auf eine persönliche Anhörung verzichtet werden, wenn diese bereits vom Amtsgericht durchgeführt wurde und keine neuen Sachverhalte vorliegen. Hier habe das Landgericht aber ein weiteres Gutachten erstellen lassen, so dass eine persönliche Anhörung erforderlich war. Mit einer telefonischen Anhörung könne sich ein Gericht keinen ausreichenden persönlichen Eindruck verschaffen, entschied der BGH, der das Verfahren damit an das Landgericht zurückverwies.