Die Kirchen im südthüringischen Corona-Hotspot Hildburghausen verzichten zunächst auf die Abhaltung öffentlicher Gottesdienste. Das große Ziel sei es, mit den Zahlen soweit herunterzukommen, dass Gottesdienste zum Weihnachtsfest wieder möglich sein werden, sagte der evangelische Pfarrer Hartwig Dede am Montag nach Gesprächen mit dem Landratsamt. Das Bistum Erfurt und die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) hatten zuvor deutliche Kritik an den am Wochenende kurzfristig verhängten Versammlungs- und Gottesdienstverboten geäußert.
Hildburghausen hatte mit einem Inzidenzwert von über 600 in der vergangenen Woche einen bundesweiten Höchststand erreicht. Landrat Thomas Müller (CDU) wie auch die Vertreter des Gesundheitsamtes hätten in dem Gespräch ihre große Sorge über die Entwicklung der Corona-Lage zum Ausdruck gebracht, sagte Dede dem epd. Zwar seien die strengen Hygiene-Regeln der Landeskirche wie des Bistums anerkannt worden, doch befürchteten die Behörden eine Ansteckung auf den Wegen zu den Gottesdiensten oder anschließend auf dem Nachhauseweg, sagte der Pfarrer, der auch sellvertretender Superintendent des Kirchenkreises Hildburghausen-Eisfeld ist.
Die Kirchen wollten nun ihre Sicht noch einmal schriftlich darlegen. "Natürlich hoffen wir, dass die Region in den kommenden Wochen von den hohen Corona-Werten wieder herunterkommt", sagte der evangelische Theologe. Letztlich gehe es um eine Güterabwägung. Er habe das Gefühl, dass der Landrat wie das Gesundheitsamt die Anliegen der Kirchen respektieren würden. "Wir bleiben im Gespräch", sagte er.
Bischof: Kurzfristig verhängtes Gottesdienst-Verbot "nicht verhältnismäßig"
Vor den Beratungen hatte auch der evangelische Landesbischof Friedrich Kramer Kompromissbereitschaft signalisiert. "Man kann mit uns reden", sagte der Leitende Geistliche der mitteldeutschen Kirche in Erfurt. Die Ausweitung des am Samstag wegen der hohen Corona-Fallzahlen kurzfristig verhängten Versammlungsverbots auf die Gottesdienste bezeichnete er aber auch als "nicht verhältnismäßig". "Wir sind darüber verstimmt, dass vor dem Erlass der Verordnung kein Gespräch von Seiten des Landkreises mit den Kirchen gesucht wurde", erklärte Kramer.
Kritik kam auch vom katholischen Bischof des Bistums Erfurt, Ulrich Neymeyr. Die Verfassung schütze die freie Ausübung der Religion. "Das ist ein hohes Gut, kein beliebiges", sagte Neymeyr. Laut dem Hilburghausener Pfarrer Dede hat Landrat Müller um Verständnis für die holprige Kommunikation gebeten. Es sei kein schlechter Wille, sondern einfach der Zeitdruck gewesen, der eine Kontaktaufnahme mit den Kirchen verhindert habe.
Wie Kramer verwies auch Neymeyr auf die strengen Hygienekonzepte für die Gottesdienste und das Gemeindeleben mit ihren drastischen Teilnahmebeschränkungen. Durch keinen der Gottesdienste der Landeskirche habe es aufgrund der Schutzmaßnahmen bisher einen Hotspot gegeben, unterstrich Kramer.
Der Landkreis hatte seine Allgemeinverfügung am Wochenende auch mit Blick auf eine Versammlung von Gegnern der Corona-Regeln am vergangenen Mittwoch in Hildburghausen verschärft. Damit sind sämtliche Veranstaltungen untersagt. Versammlungen müssen mindestens vier Tage vorher angemeldet werden.