Bremen (epd). Nach dem Krieg waren Bremer Kinder und Jugendliche in den stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie laut einer aktuellen Studie vielfach Gewalt ausgesetzt. "In Deutschland war die Situation für Kinder und Jugendliche mit geistigen und psychischen Beeinträchtigungen nach Ende des Zweiten Weltkriegs katastrophal", sagte Studienautorin Gerda Engelbracht am Freitag bei der Präsentation der Untersuchung im Rahmen einer Videokonferenz. Unter dem Titel "Kein Platz - nirgendwo" liegt die Arbeit der Kulturwissenschaftlerin ab sofort in Buchform vor.
Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) sagte, man müsse "zur Kenntnis nehmen, dass Kinder und Jugendliche vielfach Zwangsmedikationen ausgesetzt waren, dass sie durch Zwangsfütterung erstickt oder durch Hirnoperationen irrreversibel geschädigt worden sind". Es habe Misshandlungen, Demütigungen, entwürdigende Behandlung und sexuellen Missbrauch gegeben. Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) ergänzte, die Studie dokumentiere erschütternde Zustände in den meisten Einrichtungen.
Engelbracht hatte im Auftrag von Gesundheits- und Sozialressort den Zeitraum zwischen 1949 und 1975 untersucht. Die Wissenschaftlerin sagte, Bremen sei das einzige Bundesland gewesen, in dem es bis Mitte der 70er Jahre keine stationäre Einrichtung der Behindertenhilfe und der Jugendpsychiatrie gegeben habe. Die betroffenen Familien hätten ihre Kinder ins niedersächsische Umland oder in Einrichtungen abgeben müssen, die teils viele hundert Kilometer entfernt gewesen seien. Dort seien die räumlichen, personellen und therapeutischen Bedingungen äußerst problematisch gewesen.