München (epd). Der Mainzer Staatsrechtler Friedhelm Hufen sieht die Grundrechte von Heimbewohnern verletzt, wenn Betreiber während der Corona-Pandemie Ausgangssperren verhängen oder keine Besucher mehr zulassen. Solche Maßnahmen seien "völlig unverhältnismäßig", sagte Hufen der "Süddeutschen Zeitung" (Montag). Die Heime hätten heute ganz andere Schutzmöglichkeiten als im Frühjahr, es gebe genug Schutzkleidung, Masken und Tests. Die Einrichtungen befänden sich daher nicht mehr in einer Notsituation, erklärte der Verfassungsrechtler der Universität Mainz.
Der Beschluss von Bund und Ländern, Pflegeheime nicht mehr abzuriegeln, sei leider noch nicht in Rechtsverordnungen umgesetzt und daher rechtlich nicht bindend, sagte Hufen. Deshalb bleibe es momentan an den Gerichten hängen, Totalschließungen aufzuheben. "Das Problem: Die meisten Bewohner und Angehörigen trauen sich jedoch nicht, gegen ihre Heime zu klagen", sagte er.
In den Heim- und Pflegesetzen der Bundesländer sei nicht nur die Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner als Ziel verankert, sondern auch deren Freiheit und Würde, betonte der Jurist. Wenn Einrichtungen diese Ziele ignorierten, müsse die Heimaufsicht "genauso einschreiten, wie wenn Milben in der Küche gefunden werden". Hufen sprach sich für die Schaffung von Besucherräumen mit Schleusen und Maskenpflicht aus. "Die Besucher kommen ja meist nicht aus dem Partykeller, sondern sind tendenziell sehr vorsichtig", sagte er.