Hannover (epd). Bei einer "Querdenken"-Demo in Hannover hat eine junge Rednerin, die sich mit der NS-Widerstandskämpferin Sophie Scholl verglich, für einen Eklat gesorgt. Auf einem Video, das bei Twitter geteilt wurde, erklärte die Frau, sie fühle sich "wie Sophie Scholl, da ich seit Monaten hier aktiv im Widerstand bin". Zahlreiche Kommentatoren in dem Kurznachrichtendienst zeigten sich erschüttert und empört und sprachen von Geschichtsvergessenheit oder nicht zu überbietender Naivität.
Auch Außenminister Heiko Maas (SPD) erklärte am Sonntag auf Twitter: Wer sich heute mit Sophie Scholl vergleiche, "verhöhnt den Mut, den es braucht, Haltung gegen Nazis zu zeigen". Das verharmlose den Holocaust und zeige eine unerträgliche Geschichtsvergessenheit. "Nichts verbindet Coronaproteste mit Widerstandskämpfer*innen", betonte Maas.
Die junge Frau in Hannover schien sich der Tragweite ihrer Aussage überhaupt nicht bewusst. Auf den Einwand eines Ordners erklärte sie in dem Video: "Ich habe doch gar nichts gesagt" und schien in Tränen auszubrechen.
Die Vorsitzende der SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Johanne Modder, sagte. "Wenn die Geschwister Scholl oder auch Anne Frank für die Neonazi-Rhetorik einiger Teilnehmer herhalten müssen, ist dies grauenvoll." Die vermehrten Holocaust-Vergleiche von Corona-Leugnern dürften nicht unwidersprochen hingenommen werden. Die demokratischen Kräfte müssten "rote Linien ziehen und im Kern zusammenhalten".
Zur Demonstration der Initiative "Querdenken 511" auf dem Opernplatz hatten sich der Polizei zufolge rund 650 Menschen versammelt. Die Beamten hätten Strafanzeige gegen einen Mann erstattet, der ein Schild mit SS-Runen bei sich trug. Das Schild wurde eingezogen.
Bei den "Querdenken"-Demos protestieren seit Monaten bundesweit Menschen gegen die Corona-Auflagen. Unter die Demonstranten mischen sich dabei Verschwörungstheoretiker, Rechtsextremisten und sogenannte Reichsbürger.
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