Genf (epd). Der Streit zwischen armen und reichen Ländern über eine mögliche Lockerung des Patentschutzes für Impfstoffe und Medikamente gegen Covid-19 spitzt sich zu. Die Initiative von Indien und Südafrika finde immer mehr Zuspruch in der Welthandelsorganisation (WTO), hieß es am Freitag aus diplomatischen Kreisen in Genf.
In dem zuständigen Ausschuss hätten sich nun auch folgende WTO-Mitglieder offen auf die Seite der Befürworter gestellt: Kenia, Eswatini (Swasiland), Mosambik, Pakistan, Sri Lanka, Tunesien, Indonesien, Ägypten, Kuba, Venezuela, Nigeria, Bangladesch, Jamaika und Tansania, das für die Afrikanische Gruppe sprach. Andere Länder wie China, Mexiko und die Türkei begrüßten grundsätzlich die Idee, verlangten aber zusätzliche Klärungen. Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" gab an, dass rund 100 Länder die Initiative gutheißen.
In dem WTO-Ausschuss machten jedoch die USA, die EU, Japan, Kanada und die Schweiz klar, dass sie mit dem Plan nicht einverstanden sind. Sie betonten, dass ineffektive und unterfinanzierte Gesundheitssysteme sowie Kapazitätsgrenzen in der Pharma-Industrie die Hauptprobleme bei der Bereitstellung der Medikamente seien. Eine Entscheidung in dem Streit könnte noch im Dezember im Allgemeinen Rat der WTO fallen, in dem jedes der 164 WTO-Mitglieder prinzipiell ein Vetorecht hat.
Wird die Initiative angenommen, wäre es allen Ländern erlaubt, die Durchsetzung des Rechts auf geistiges Eigentum an medizinischen Produkten zur Bekämpfung der Corona-Pandemie auszusetzen. Ziel ist, armen Ländern zu günstigen Medikamenten, Impfstoffen und Diagnosemitteln zu verhelfen. Ähnlich wurde auch vor 20 Jahren bei der Bekämpfung von HIV/Aids verfahren, als das Patentschutzabkommen Trips gelockert wurde. Dadurch seien durch Generika viele Menschenleben gerettet worden, betonte "Ärzte ohne Grenzen".
"Alle Entwicklungen im Zusammenhang mit Covid-19 sollten echte globale öffentliche Güter sein, frei von den Barrieren, die Patente und das Recht auf geistiges Eigentum schaffen", sagte Sidney Wong von "Ärzte ohne Grenzen". "Wir appellieren an alle Regierungen, diesen bahnbrechenden Vorschlag dringend zu unterstützen, der in diesem für die globale Gesundheit kritischen Moment Menschenleben über Unternehmensgewinne stellt."