Köln (epd). Das neugefasste Infektionsschutzgesetz hat nach Ansicht der Juristin Anika Klafki trotz "gewisser Mängel" die rechtliche Grundlage für den Kampf gegen die Corona-Pandemie deutlich verbessert. Es stärke die Rolle des Bundestags und sei "das Gegenteil von einem Ermächtigungsgesetz" sagte Klafki am Donnerstag im "Morgenecho" bei WDR5. Das Parlament habe selbst definiert, was eine "epidemische Lage von nationaler Tragweite" ist, es stelle sie fest und könne sie auch aufheben.
Damit habe der Bundestag bei der Regelung der Voraussetzungen von Schutzmaßnahmen und deren Folgen Verantwortung und Macht übernommen, betonte die Junior-Professorin für Öffentliches Recht der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Im Gesetz seien auch die Ziele von Maßnahmen definiert, nämlich der Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems. Auch die Ausrichtung von Einschränkungen an der der Sieben-Tages-Inzidenz sei dort geregelt, hob Klafki hervor.
Während das Vorgehen der Behörden bisher auf einer "relativ unbestimmten Norm" beruht habe, regele der neue Paragraf 28a des Infektionsschutzgesetzes eine "Palette von Maßnahmen" wie etwa Maskenpflicht, Ausgangsbeschränkungen, Betriebsschließungen oder Gottesdienst- und Versammlungsverbote, erläuterte die Juristin. Gerichte könnten nun nicht mehr sagen, dass es keine hinreichende gesetzliche Grundlage für solche Einschränkungen gebe.
Kritik äußerte Klafki an "fortbestehenden Unklarheiten" des Gesetzes. So sei nicht differenziert genug geregelt, was mit bestimmten Maßnahmen gemeint sei, zum Beispiel bei den Reisebeschränkungen. Es sei unklar, ob etwa ein Arbeitsweg von über 100 Kilometer oder eine Spazierfahrt in den Wald schon eine Reise darstellten oder ob dazu eine Übernachtung gehöre. Unterschiedliche Auslegungen der Landesbehörden dürften hier weiter zu Klagen führen, befürchtet Klafki.