Brüssel, Luxemburg (epd). Ein syrischer Wehrdienstverweigerer ist in Europa nicht automatisch als Flüchtling anzuerkennen. Es spreche aber viel dafür, dass die Verweigerung mit einer Verfolgung aus politischen oder anderen Gründen zusammenhängt, die eine Anerkennung als Flüchtling begründet, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg zu dem Fall aus Deutschland. (AZ: C-238/19)
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte dem Mann zwar subsidiären Schutz gewährt, ihn aber nicht als Flüchtling anerkannt, erläuterte der EuGH. Es fehlte demnach eine Verknüpfung der Wehrdienstverweigerung mit einem der fünf anerkannten Verfolgungsgründe: Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Der Mann klagte gegen den Bescheid und die deutsche Justiz wandte sich an den EuGH.
Dieser stellte zunächst fest, dass selbst Wehrpflichtige im syrischen Bürgerkrieg wahrscheinlich an Kriegsverbrechen mitwirken müssten. Vor diesem Hintergrund bestätigte er zwar einerseits, dass für die Flüchtlingseigenschaft eine eventuelle Verfolgung des Mannes in Syrien mit einem der fünf Gründe zusammenhängen müsse - es gibt also keinen Automatismus zwischen Verweigerung und Anerkennung als Flüchtling.
Andererseits liege die Verknüpfung aber nahe, urteilte der EuGH. Schließlich sei die Wehrdienstverweigerung oft Ausdruck politischer oder religiöser Überzeugungen oder gründe in der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Davon abgesehen sei sehr wahrscheinlich, dass in einem Bürgerkrieg, in dem man den Wehrdienst nicht legal verweigern könne, die Behörden im Bürgerkriegsland die Weigerung auch unabhängig von den Gründen des Betroffenen als "Akt politischer Opposition" auffassen, erklärte der EuGH. Im Licht des Urteils muss die deutsche Justiz den Fall nun abschließen.